Doku "Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte"
Friedrich Dürrenmatt kann auch 26 Jahre nach seinem Tod mit seinen kritischen Anmerkungen zu Politik und Gesellschaft aufregen. Die Schweizer Regisseurin Sabine Gisiger, deren Eltern mit Dürrenmatt persönlich bekannt waren, dokumentiert in dem Film "Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte" wenig bekannte Seiten des Schriftstellers.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 2.2.2016
Friederich Dürrenmatt war ein natürlicher Feind der Vorratskammern in Schweizer Gasthäusern, denn wenn der Schriftsteller kam, dann wurde ein deftiges Mahl aufgetragen. Da steht eine Servierplatte voller gebratener Würste auf dem Tisch, quasi die Vorspeise für zwei folgende Koteletts, so Dürrenmatt lakonisch, denn: "Der Schweizer isst immer zu wenig!" Eine exemplarische Szene aus dem Dokumentarfilm "Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte", denn neben dem vielfach diskutierten Werk sind Dürrenmatts private Marotten weniger bekannt.
Symbiotische Beziehung zu Lotti
Im Zentrum steht Dürrenmatts Liebe zu seiner ersten Frau Lotti, eine geradezu symbiotische Beziehung, wie die Schweizer Regisseurin Sabine Gisiger meint. Als Lotti 1983 stirbt stürzt Dürrenmatt in eine tiefe persönliche Krise, die durch zahlreiche Filmdokumente belegt ist. Material, das zum Teil auch von Dürrenmatts zweiter Frau Charlotte Kerr aufgenommen wurde. Dürrenmatt beim Malen seiner Katastrophenbilder oder beim Spiel mit seinem Kakadu.
Regisseurin Gisiger erhellt auch, wie sehr sich private Vorlieben oder Abneigungen auch im Werk Dürrenmatts wiederspiegeln, etwa seine Antipathie gegen Prothesen, die sich im Theaterstück "Der Besuch der alten Dame" wiederfindet. Dürrenmatts Kinder bestätigen in Interviews die launigen Seiten ihres Vaters, sind aber auch ein Korrektiv zu möglichen Legenden. Die enge Beziehung der Eltern habe auch ihren Preis gehabt, sagt der heute 69-jährige Sohn Peter, oft habe er die Eltern lange nicht gesehen.
"Er hat scharf nachgedacht"
1990 ist der Autor gestorben. Regisseurin Gisiger sieht in Werk und Wort Dürrenmatts aber eine ungebrochene Aktualität: "Gerade weil er sich nie von der Tagespolitik oder von irgendwelchen Ideologien hat mitreißen lassen, sondern scharf nachgedacht hat."
Diese Brückenschläge in die Gegenwart vollzieht der Film "Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte" nur sporadisch. Oft bedient er nostalgische Gefühle. Einfach zu verlockend ist für Regisseurin Gisiger das Originalfilmmaterial aus den 1980er Jahren, als dass sie es nicht ausgiebig zur Geltung bringen möchte, also Dürrenmatt, der sich hemmungslos ironisch der Selbstinszenierung hingibt.