"Concussion": Die kranke Seite des Football
Auf der dunklen Seite des American Football geht es um Macht und Vertuschung und um die gesundheitlichen Schäden, die die Profispieler durch ihren harten Einsatz oft davontragen. Eine solche Geschichte kommt mit Will Smith und Alec Baldwin in die Kinos: "Concussion - Erschütternde Wahrheit".
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.2.2016
Es ist erst wenige Tage her, dass die Denver Broncos die 50. Super Bowl für sich entschieden haben. Das Spiel war erneut ein sportliches und mediales Feuerwerk. American Football setzt seinen globalen Siegeszug weiter fort: ob Ticketpreise, Zuschauerzahlen oder Werbeeinnahmen - Superlative auf allen Ebenen. Doch der Sport schreibt auch andere Geschichten. Dort geht es dann um Macht und Vertuschung und um die gesundheitlichen Schäden, die die Profispieler durch ihren harten Einsatz oft davontragen. Eine solche - wahre - Geschichte kommt am kommenden Freitag mit Will Smith und Alec Baldwin in die Kinos. "Concussion" handelt vom einsamen Kampf des Pathologen Bennet Omalu gegen die mächtige National Football League (NFL).
Bennet Omalu kommt kein Scherz über die Lippen. Der Mann wurde aus Ernsthaftigkeit, Aufrichtigkeit und Ehrgeiz geformt. Omalus Job ist es, tote Gehirne in feine Scheibchen zu schneiden und auf mögliche Schäden hin zu untersuchen. Eines Tages landet das Gehirn des viermaligen Super-Bowl-Champions Mike Webster auf Omalus Seziertisch. Der nigerianische Arzt entdeckt ungewöhnliche Ablagerungen im Gehirn des toten Sportlers. Ablagerungen wie man sie von Alzheimerkranken oder Boxern kennt. Der Pathologe macht den Football dafür verantwortlich; und das ausgerechnet in Pittsburgh - einer Stadt, die keucht und wirtschaftlich am Boden liegt. Mike Webster war hier ein Gott. Und wo Football Religion ist, ist jeder Zweifel an diesem Sport ein Sakrileg.
Für Regisseur Peter Landesman geht es im Film um den furchtlosen Kampf eines nicht-amerikanischen, nicht-weißen Arztes gegen das Sport-Establishment. Nur durch diese Konstellation konnte Amerikas liebste Freizeitbeschäftigung Kratzer abbekommen, meint Landesman.
Wo Business den Sport auffrisst
Tausende Male im Jahr knallen die Köpfe von professionellen Footballspielern mit aller Wucht aufeinander. Omalu gibt den Folgen dieser Zusammenstöße einen Namen: "Chronisch-traumatische Enzephalopathie" (CTE). Für seine Forschungsergebnisse wird er bedroht und jeder Beweis für schwere Gehirnschäden bei Footballern wird mit einem Gegengutachten gekontert.
Der Film zeigt die NFL als moralisch korrumpierten Verein, in dem das Business den Sport mit Haut und Haaren auffrisst. Doch auch wenn die Spiele bis heute weitergehen, kostet Omalus Kampf der NFL schließlich 765 Millionen Dollar. Soviel zahlt die Liga in einer außergerichtlichen Einigung bei einem Prozess den insgesamt 4.500 Spieler angestrengt haben.
"Concussion" erzählt - pathetisch mit Streichern unterlegt - vom Kampf eines trockenen Realisten gegen eine dunkle Traumfabrik des Sports. Und weil dieses David-gegen-Goliath-Thema gar so amerikanisch ist, wird Bennet Omalu am Ende auch konsequent belohnt: Er erhält die amerikanische Staatsbürgerschaft und damit die ultimative Anerkennung seiner Arbeit.