Rätsel um Mozart-Salieri-Arie

In Prag kam gestern ein lange verschollen geglaubtes Gemeinschaftswerk von Wolfgang Amadeus Mozart und Antonio Salieri zur Aufführung. Es handelt sich um eine vierminütige Arie aus dem Jahr 1785 und die Musikwelt rätselt jetzt, wie es wohl dazu gekommen ist, dass Mozart und Salieri, die ja als scharfe Konkurrenten in die Geschichte eingegangen sind, gemeinsam komponiert haben.

Mittagsjournal, 17.2.2016

Die Szene aus dem Peter Shaffers Film "Amadeus" ging wohl keinem aus dem Kopf, als der bleiche Salieri den Mord an Mozart gestand. Beweise dafür gab es keine, doch in der Gerüchteküche begann es schon bald nach Salieris Tod zu brodeln, so Mozart-Experte Johannes Leopold Mayer: "Puschkin hat es aufgegriffen, und dann hat Rimski-Korsakow daraus eine Oper gemacht. Da wird dann alles so zelebriert, als wäre das wahr. Wir sind natürlich alle durch den Peter Shaffer geprägt, damit hat es sich bei uns so festgezurrt, dass sie so böse aufeinander waren."

Eine scharfe Konkurrenz bestand aber zweifellos zwischen den beiden Komponisten. So spricht Mozart in mehreren Briefen von "Cabalen" Salieris gegen ihn. Da ging es um gut bezahlte Musiklehrerstellen beim Hochadel, für die sich beide bewarben, und ganz besonders auch um den Einfluss am Kaiserhaus. Generell war Salieri damals der mit Abstand Erfolgreichere und der um sechs Jahre jüngere Mozart auch kein Mann mit Samthandschuhen, wenn es darum ging sich ins Spiel zu bringen. "Man muss auch bedenken, dass Mozart sicherlich einer war, der mit seinen Konkurrenten nicht immer fein säuberlich umgegangen ist. Sogar mit dem Joseph Haydn nicht, den er ja als seinen Vater und Führer bezeichnet hat", so Mayer.

Dass sich Musiker gemeinsam ans Notenpult setzten und Pasticci komponierten, war eine seit der Renaissance beliebte Praxis. Dass es nun gerade zur Zusammenarbeit von Mozart und Salieri gekommen ist, kann deshalb vielleicht ganz banal dem schnöden Mammon zugeschrieben werden.

In dem Fall war der Anlass jedenfalls so bedeutend, dass sich kein Komponist diesen Auftrag hätte entgehen lassen. Die damals umjubelte britische Sopranistin Nancy Storace hatte nämlich für längere Zeit ihre Stimme verloren und feierte 1785 mit genau dieser Auftragsarie ihre Rückkehr auf die Wiener Opernbühne.

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Ceske Noviny - Pressekonferenz mit Aufführung des Werkes