Balthus im Kunstforum Wien
"Balthus - Balthasar Klossowski de Rola" wie der Maler eigentlich hieß, ist ab morgen eine große Retrospektive im Kunstforum Wien gewidmet. Balthus war einer der großen Monolithen, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, ein Einzelgänger, der sich keiner Strömung zugehörig fühlte - auch nicht der der Surrealisten, der er vielleicht noch am nächsten stand. Balthus hat ein schmales Oeuvre von nur 360 Gemälden hinterlassen - geheimnisvoll und beunruhigend.
8. April 2017, 21:58

MONDADORI PORTFOLIO/BRIDGEMANN IMAGES
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Kunstforum Wien - Balthus
Mittagsjournal, 23.2.2016
Die Figuren auf diesen Gemälden wirken eigenartig entrückt. Sie scheinen in ihrer Bewegung erstarrt, als hielten sie den Atem an. So kommt es, dass selbst die banale Darstellung einer Pariser Straßenszene durch eigenwillige Proportionen rätselhaft erscheint, aufgeladen mit einem hintergründigen Geheimnis. Selbst Balthus' weibliche Akte, dargestellt in leicht sonderbaren Verrenkungen verursachen ein Schaudern. Die Direktorin des Kunstforums, Ingrid Brugger, meint zu diesem Maler mit einer Vorliebe für blutjunge Frauen: "Es ist eine seltsame, exzentrische Interpretation vor allem auch von Erotik. Erotik ist normalerweise etwas, wo Menschen aufeinander zugehen. Bei Balthus geht es eigentlich um Erstarrung, Eiseskälte."
Porträtist der Pariser Gesellschaft
Eigenwillig sind auch die Porträts von Balthus, der in den 1930er Jahren in der Pariser Gesellschaft als hervorragender Porträtist galt, der seine Modelle scharf charakterisierte. So malte er etwa Leila Caetani als überdimensionale Hopfenstange mit viel zu großem Kopf. Inspiriert von Geschichten wie "Struwwelpeter" oder "Alice im Wunderland" mit ihren proportionselastischen Figuren nannte Balthus' Freund Antonin Artaud die Protagonisten dieser Gemälde "Traumautomaten". Trotzdem lehnte Balthus ab, als ihn die Surrealisten in ihre Gruppe aufnehmen wollten. Denn er hatte andere Inspirationsquellen als das Unbewusste, klar strukturierte japanische Holzschnitte etwa mit ihrer Ästhetik der leeren Fläche.
Arbeiten für das Theater & erotische Fotos
Besonders interessant in dieser Ausstellung sind die Arbeiten von Balthus fürs Theater. Das Bühnenbild, das er 1935 für Artauds Theater der Grausamkeit "Tschäntschi" entwarf oder auch das Bühnenbild für "Cosi fan tutte" beim Festival Aix-en-Provence aus dem Jahr 1950. Ingried Brugger bezeichnet Balthus als großen Monolithen des 20. Jahrhunderts.
Zu sehen sind auch die Polaroid-Bilder, die der alte Balthus von der pubertierenden Anna machte: Erotische Bilder, die 2014 dazu führten, dass eine Ausstellung im Museum Folkwang in Essen abgesagt wurde. In Wien sieht man das wohl anders: Sex sells.