Slowakei nach der Wahl

Bei den Parlamentswahlen in der Slowakei am Samstag haben die regierenden Sozialdemokraten die absolute Mehrheit verloren. Sämliche Protestparteien konnten zulegen, die extreme Rechte schaffte den Einzug ins Parlament. Eine Regoerungsbildung könnte damit schwierig werden.

Morgenjournal, 7.3.2016

Noch ist der Schock über den Wahlausgang nicht verdaut: Kein Stein ist nach diesen Wahlen auf dem anderen geblieben. Alle Umfragen wurden ad absurdum geführt.

Dabei konnten sich die bisher regierende SMER und Premier Robert Fico so lange so sicher fühlen: Ficos Anti-Flüchtlingswahlkampf gespickt mit heftigen Verbalattacken gegen Migranten und Muslime schien ihm zu neuer Popularität zu verhelfen. Um so bitterer dann wohl die Enttäuschung in der Wahlnacht: zwar ist seine SMER weiterhin die stärkste politische Kraft in der Slowakei, wurde aber vom Wähler schwer abgestraft. Und die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen dürften die wohl schwierigsten werden.

Er wolle mit allen Parteien Gespräche führen, betont Robert Fico. Doch da hagelt es auch schon jede Menge Absagen: So schließt Richard Sulik, der große Gewinner der Wahlnacht, der es mit seiner neoliberalen Protestpartei SAS überraschend auf Platz 2 geschafft hat, eine Zusammenarbeit mit Fico kategorisch aus: „Aus zwei Gründen“, so Sulik. „Erstens wegen Ficos Politik der Sozialpakete, die nicht zu uns Neoliberalen passt und zweitens wegen der Korruptionsskandale in der SMER.“ Sulik schließt auch eine Zusammenarbeit mit den Extremen Rechten aus.

Da auch die drittplatzierte Partei, die Anti-Establishmentpartei „Gewöhnliche Leute“ vehement eine Zusammenarbeit mit Fico ablehnt, bleibt diesem nur wenig Verhandlungsspielraum. Zumal er als Pro-Europäer keine Kommunikationsbasis mit den Radikalen Rechten, die einen EU-Austritt wollen, sehe, sagt Fico.

Und so wird seit Samstagnacht in Bratislava gerechnet, werden Prozentpunkte und Mandate hin und hergeschoben, alle möglichen Varianten durchgespielt. Eine rein rechnerische Möglichkeit wäre eine Anti-Fico-Koalition unter dem Zweitplatzierten Richard Sulik als Premier, doch dazu müssten zwei Parteien ins Boot geholt werden, die überhaupt nicht miteinander können: die Slowakischen Nationalisten und die Partei der ungarischen Minderheit Most-Hid. Zwar sind die Nationalisten unter ihrer neuen Führung Andrej Danko etwas mehr in die Mitte gerückt - so haben sich die Nationalisten auch klar von den Extremen Rechten distanziert. Für die ungarische Minderheit aber bleiben die Nationalisten weiterhin der Gottseibeiuns, mit dem es keine Zusammenarbeit geben kann, darf, betont Most-Hid-Chef Bela Bugar. Er sehe keine Möglichkeit für eine Mehrheit im slowakischen Parlament für eine proeuropäische stabile Regierung, fügt Bugar pessimistisch hinzu.

Wenn alle auf ihren derzeitigen Positionen verharren, bleiben wohl nur Neuwahlen als Ausweg aus dieser Pattsituation. Doch Neuwahlen im Sommer – wenn die Slowakei die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt – das wäre für die meisten hier eine politische Katastrophe.