EU-Gipfel: Schwierige Verhandlungen
Abschreckung durch das Schließen der Balkan-Fluchtroute, Sicherung der EU-Außengrenzen und das Abkommen mit der Türkei - diese drei Elemente stehen im Zentrum des EU-Sondergipfels der EU-Staats- und Regierungschefs.
8. April 2017, 21:58
APA/AFP/THIERRY CHARLIER
Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras hat vor Gipfelbeginn neuerlich indirekt Österreich kritisiert und eine Lösung der humanitären Katastrophe eingemahnt, die sich durch den Flüchtlingsrückstau in Griechenland abzeichnet.
Mittagsjournal, 7.3.2016
Alexis Tsipras ist einer der ersten Regierungs-Chefs, die im Brüsseler Ratsgebäude am Vormittag eintreffen. Einmal mehr fordert Tsipras eine europäische Lösung für die Flüchtlingskrise und Bemühungen bei der Verteilung von Flüchtlingen aus Griechenland auf die anderen EU Staaten.
Ohne Österreich beim Namen zu nennen, kritisiert Tsipras das Schließen der Westbalkanroute unter Verweis auf die Beschlüsse des letzten Gipfels Mitte Februar: „Es hat Beschlüsse gegeben die nicht von allen umgesetzt wurden, das sind gar keine Beschlüsse, jetzt haben wir eine schwierige Situation.“
In diesem Punkt kann sich Alexis Tsipras heute allerdings nicht viel Unterstützung erwarten. Die von Österreich mitverursachte Schließung der Westbalkanfluchtroute ist im Entwurf der Gipfelabschlusserklärung bereits als Tatsache festgehalten. Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte konkretisiert worum es heute gehen soll: „Die Lage in Griechenland und dem Westbalkan. Wie kommen wir vom Durchwinken weg, wie können wir die Route Schritt für Schritt schließen?“
Für Rutte liegt der heutige Schwerpunkt bei der Umsetzung des Abkommens mit der Türkei. Konkret geht es darum, dass die Türkei Flüchtlinge aufhält und zurücknimmt. Am Abend hat Rutte gemeinsam mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel detaillierte Gespräche mit dem türkischen Regierungschef Ahmed Davutoglu geführt. „Damit wir so viel wie möglich weiterkommen, dabei den Flüchtlingsstrom von der Türkei nach Europa einzuschränken.“ Und Rutte zum Wunsch der Türkei nach einer Abnahme syrischer Flüchtlinge direkt aus der Türkei per Luftbrücke: „Das ist natürlich ein langfristiger türkischer Wunsch, aber um das möglich zu machen, muss die Zahl der ankommenden Flüchtlinge gegen Null gehen.“
Die Verhandlungen mit der Türkei dürften dabei aber alles andere als einfach sein. Die Türkei ist sich ihrer entscheidenden Bedeutung für Europa in der Flüchtlingskrise sehr wohl bewusst, wie das Statement des türkischen Regierungschefs beim Eintreffen zeigt: „Dieser Gipfel zeigt, wie unverzichtbar die Türkei für Europa ist und umgekehrt. Der einzige Weg auf diese Herausforderungen zu reagieren, ist Solidarität.“
Die Türkei will eine Annäherung an die EU, die Beschleunigung des EU-Beitrittsprozesses, Visa-Erleichterungen für ihre Staatsbürger und eines sicher nicht: Kritik. Die kommt aber trotzdem von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Er habe Davutoglu getroffen und ihm gesagt, dass Pressefreiheit für Europa nicht verhandelbar ist.
Damit spricht der Parlamentspräsident die Erstürmung einer regierungskritischen Zeitung durch die türkische Polizei an. Aber auch Schulz räumt ein: Europa braucht die Zusammenarbeit mit der Türkei. Eine schwierige Verhandlungsposition.