Zum 100. Geburtstag von Yehudi Menuhin

Er hat alles sehr zeitig, sehr schnell und sehr gründlich gemacht. So konnte er in seinem langen Leben auch viel umsetzen, viele Berge ersteigen, deren Fuß andere nicht einmal erreichen.

  • Junger Mann spielt Geige

    Yehudi Menuhim 1944

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  • Junge spielt seinem Geigenlehrer vor

    Der Zwölfjährige beim Unterricht in Amerika

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  • Nola und Yehudi Menuhin sehen sich lächelnd an

    1939 mit seiner ersten Frau Nola

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  • George Enescu und Yehudi Menuhin auf einem Sofa

    Im Gespräch mit seinem Lehrer, dem rumänischen Komponisten, Geiger und Dirigent, George Enescu
    Paris 1952

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  • Drei Männer im Gespräch

    Mit Aram Chatschaturjan und Dawid Oistrach in London 1954

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  • Zwei Männer beim Proben

    Proben mit Mstislaw Rostropowich für den ersten gemeinsamen Auftritt
    1. Juli 1964, Royal Albert Hall in London

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Yehudi Menuhin, der am 22. April 1916 in New York geborene Sohn russischstämmiger Juden, begann als geigendes Wunderkind und entwickelte sich zu einer weltweit respektierten Autorität als Humanist. Im Zweiten Weltkrieg spielte er hunderte Konzerte für die US-Army, unmittelbar danach spielte er als erster jüdischer Künstler von Rang im besiegten Deutschland für die Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrationslager ebenso wie für die deutsche Zivilbevölkerung.

Er stiftete Schulen, Kursbetriebe und Wettbewerbe für junge Musiktalente, er suchte in zahlreichen Projekten, Behinderten, sozial Schwachen und alten Menschen Zugang zur Musik zu verschaffen. Er gründete und leitete Festivals im englischen Bath und im schweizerischen Gstaad. Er dirigierte über vier Jahrzehnte lang Orchester auf allen Kontinenten. Es gibt wohl keinen Musiker, dem mehr Orden, Auszeichnungen, Ehrendoktorate und Preise zuerkannt wurden - bis hin zur Aufnahme in den britischen Adelsstand.

Er war gebürtiger US-Amerikaner, dann Schweizer Staatsbürger und schließlich Brite. Gestorben ist er 1999 in Berlin, in der Stadt, in der er mit nicht ganz 13 Jahren an einem Abend unter der Leitung von Bruno Walter den Solopart in drei Violinkonzerten gespielt hatte, dem E-Dur-Konzert von Bach und den Konzerten von Beethoven und Brahms.

"Ich bin fasziniert von allem Menschlichen" war einer seiner zentralen Leitsätze. Und das machte sein unglaubliches Charisma aus, dem sich niemand entziehen konnte. Berührungsängste kannte er ganz gewiss nicht. Mit dem indischen Sitarspieler Ravi Shankar musizierte Yehudi Menuhin ebenso wie mit dem Jazzgeiger Stéphane Grappelli. Er war Präsident des internationalen Musikrates der UNESCO, kämpfte für die Menschenrechte in der UdSSR und in China. Mit der Initiative Live Music Now rief er 1977 ein Programm ins Leben, um Konzertmusik an Arbeitsplätze, in Krankenhäuser und Gefängnisse zu bringen. Und er trachtete im Gespräch mit Politikern und Regierenden nach einer nationenübergreifenden Humanitas; Nationalismus und selbst Patriotismus waren für Menuhin Gedankengefängnisse.

"Musik zivilisiert" war seine Überzeugung. Musik war ihm ein ganz reales Mittel gegen Krieg, Unterdrückung, Ungerechtigkeit, Werteverfall, denn: "Von einer Musikschule kommen keine Kriminellen." Gedanken, die der stets emsig Tätige auch in seinen Büchern darlegte. Dort finden sich auch Forderungen wie: "Das Recht der Menschen auf Stille, auf saubere Luft und reines Wasser, auf Wiesen und Wälder und nicht verunreinigte Lebensmittel gehört in die Verfassung aller Staaten." Vielleicht war Yehudi Menuhin ganz einfach ein großer Prophet?