Restitution im Leopold Museum
Schon seit einigen Jahren steht fest, dass fünf Schiele-Zeichnungen aus dem Besitz der Leopold Museum-Privatstiftung an die Erbin nach Karl Mayländer zu restituieren wären. Gestern Nacht haben sich das Leopold Museum und die Israelitische Kultusgemeinde über Vermittlung von Minister Josef Ostermayer geeinigt: Zwei Blätter werden zurückgegeben, drei verleiben im Museum.
8. April 2017, 21:58

APA/AFP/JOE KLAMAR
Kulturjournal, 7.4.2016
Thema Raubkunst und Restitution
Das Wiener Leopoldmuseum im Museumsquartier hat eine lange und konfliktreiche Geschichte mit dem Thema Raubkunst und Restitution. Es waren Schiele-Bilder aus dem Leopoldmuseum, die Ende der 1990er in New York beschlagnahmt wurden und eine neue Debatte über den nationalsozialistischen Kunstraub auslösten. Ein neues Kunstrückgabegesetz und eine Welle von Restitutionen war die Folge. Das Gesetz ist aber nur auf öffentliche Museen anwendbar, als Privatmuseum muss sich das Leopoldmuseum nicht danach richten.
Zu Lebzeiten des Sammlers Rudolf Leopold sperrte sich das Museum weitgehend gegen Rückgaben. Seit seinem Tod ist man um Vergleiche mit den jeweiligen Erben bemüht: Bild bleibt im Museum, Erben werden finanziell abgefunden. Ein anderer Kompromiss wurde jetzt bei fünf Schiele-Zeichnungen aus der ehemaligen Sammlung Karl Mayländer ausgehandelt. Mayländer hatte die Arbeiten - vor seiner Deportation und Ermordung - an seine Lebensgefährtin Etelka Hoffmann übergeben; diese hatte die Schiele-Blätter nach 1945 verkauft. So sind sie 1960 zu Rudolf Leopold gelangt - er hat damals 19.200 Schilling dafür bezahlt und soll von der Provenienz aus der Sammlung Mayländer gewusst haben.
Kampf der Israelitischen Kultusgemeinde
Der Einigung, die nun erreicht ging ein jahrelanger Rechtsstreit voran. Die Israelitische Kultusgemeinde hatte jahrelang für die Rückgabe der fünf Zeichnungen von Egon Schiele gekämpft - ein Kampf, der sowohl mit aktionistischen Einlagen, als auch mit Rechtsgutachten und zuletzt täglichen Appellen an den Kulturminister und das Leopold Museum geführt wurde. "Emotional ist es immer, weil die Elisabeth Leopold an den Werken hängt", erklärt der museologische Leiter Hans-Peter Wipplinger. "Emotional ist es auch für die Erbin nach Mayländer. Und es ist für beide ein gutes Ziel erreicht worden, diesen lange schwelenden Konflikt aus der Welt zu schaffen."
Wipplinger erhofft sich auch eine Beruhigung der turbulenten Beziehung zwischen dem Leopold Museum und der Israelitischen Kultusgemeinde. Konkret sieht die Einigung so aus: Zwei der Zeichnungen - die künstlerische hochwertigen, wie Experten meinen - gehen an die Erbin nach Karl Mayländer.
Zwei Zeichnungen gehen an Erbin
Es handelt sich um ein "Selbstporträt mit gestreiften Ärmelschonern" von 1915 sowie um die Zeichnung "Sitzender Bub mit gefalteten Händen" von 1910. Laut Erika Jakubovits von der Israelitischen Kultusgemeinde ist die Erbin, eine 96-jährige Amerikanerin, über die Einigung informiert worden - sie freue sich darauf, die Bilder bei sich zu haben. Hätte die Erbin die Rückgabe der Werke nicht mehr erlebt, wären sie an eine gemeinnützige Stiftung gegangen, die autistische Kinder unterstützt. Diese Stiftung sei auch jetzt als Erbin vorgesehen, so Erika Jakubovits.
Die anderen drei Zeichnungen, zwei Akte und ein Selbstbildnis, verbleiben in der Sammlung Leopold. Finanzielle Abgeltung gibt es darüber hinaus nicht. Alle Beteiligten - also die Sammlung Leopold Privatstiftung auf der einen Seite und die Israelitische Kultusgemeinde sowie die Erbin auf der anderen Seite - seien mit dem Kompromiss einverstanden, sagt Kulturminister Josef Ostermayer.
Erste Rückgabe des Leopold Museums
Es ist die erste Rückgabe von Kunstwerken seitens des Leopold Museums - was bei den Bundesmuseen üblich ist, das konnte die Leopold Sammlung als Privatstiftung bisher immer vermeiden, indem finanzielle Vergleiche mit Erben von Raubkunst getroffen worden sind. Dass die fünf Schiele-Zeichnungen zu restituieren sind, das wurde bereits 2010 von der sogenannten Michalek-Kommission festgestellt. Die Albertina hat fünf andere Schiele-Zeichnungen, ebenfalls aus der Sammlung Mayländer daraufhin restituiert, wozu sie als öffentliche Sammlung verpflichtet ist.
Insofern kann die aktuelle Einigung zwar als Paradigmenwechsel in der Restitutionspolitik des Leopold Museums gesehen werden, jedoch sind derzeit keine weiteren Restitutionsfälle im Zusammenhang mit dem der Sammlung Leopold anhängig. Das Haus wurde erst im letzten Juni von Hans-Peter Wipplinger übernommen. Dass gerade heute, am Eröffnungstag zweier Ausstellungen unter seiner Leitung, die Restitutionseinigung getroffen werden konnte, will er sich aber nicht auf die Fahnen schreiben.