Hofburg-Wahl: Dilemma mit den Umfragen
Diese Bundespräsidentenwahl ist eine besondere Herausforderung für die Meinungsforscher. Die haben schon in der Vergangenheit kräftig danebengegriffen. Sogar Experten räumen ein: Die Umfragen sind fehleranfälliger als die Meinungsforscher zugeben.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 9.4.2016
Die Bundespräsidentenwahl - so unvorhersehbar wie die in zwei Wochen war wahrscheinlich noch keine. Eine besondere Herausforderung ist das für die Meinungsforscher. Die haben schon in der Vergangenheit kräftig danebengegriffen; zuletzt etwa bei der Wien-Wahl im Herbst. Derzeit sehen die meisten Alexander van der Bellen vorne; dahinter im Duell um Platz zwei Irmgard Griss und Norbert Hofer. Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol sind, wenn das alles stimmt, weit von der Stichwahl entfernt. Richard Lugner liegt konstant am letzten Platz. Aber es sind eben nur Umfragen. Und sogar Experten räumen ein: Die Umfragen sind fehleranfälliger als die Meinungsforscher zugeben.
Umfragen erreichen nicht mehr Querschnitt
Noch ist nichts fix, sagt Erich Neuwirth, langjähriger Statistik-Professor an der Uni Wien. Vielen Umfragen vertraut er nicht. Sie seien derzeit möglicherweise leicht verzerrte Meinungsbilder in einem kurzen Zeitraum.
Das liege auch daran, dass Institute längst nicht so viele Interviewpartner für ihre Umfragen finden, wie sie das wollen. Von zum Beispiel 1000 seien es bei ihren Zufalls-Telefonaten oft nur die Hälfte oder weniger. Und dadurch werde das Ergebnis unschärfer. Auch die Schwankungsbreite sei damit oft größer als angegeben. Das Problem sei, dass die, die die Antwort nicht geben, oder die man nicht erreicht, nicht dasselbe Wahlverhalten haben, wie die, die man erreicht habe.
Das betont auch Andreas Diekmann, deutscher Soziologieprofessor an der ETH Zürich. Der stufen weise Verringerungsprozess führe dazu, dass bestimmte Gruppen systematisch überrepräsentiert seien.
Außerdem würden die Institute ihre Ergebnisse gewichten: also die einzelnen Kandidaten oder Parteien etwas höher oder niedriger stufen - gemessen an früheren Wahlergebnissen. Das aber, so der Soziologe, passiere nicht immer nach rein wissenschaftlichen Kriterien - Diekmann nennt hier ein fiktives Beispiel, dass man die Ergebnisse miteinander vergleicht und bei starken Unterschieden werde nachgewichtet. Denn wenn alle gemeinsam irren, sei das nicht so schlimm.
Vor allem beim Rennen um Platz zwei sei noch alles offen, sagt Statistiker Neuwirth. Kandidat A liegt vor Kandidat B: Solche Aussagen seien wissenschaftlich nur bei sehr großen Abständen haltbar. Auch die Kandidaten von SPÖ und ÖVP hätten noch Chancen, sagt Neuwirth. Aber auf deutlich niedrigerem Niveau.