EU verärgert über Erdogan

Deutlich abgenommen hat die Zahl der in Griechenland ankommenden Flüchtlinge, das sind die Auswirkungen des Deals mit der Türkei, der die Rückschiebung von Flüchtlingen vorsieht. Dennoch muss sich die politische Spitze der EU heute vor dem Europaparlament für das Abkommen verteidigen. Vor allem das jüngste Verhalten des türkischen Präsidenten Erdogan angesichts bissiger Satirebeiträge aus Deutschland sorgt für Ärger unter den EU-Abgeordneten in Straßburg.

Flüchtlinge, griechische Fahne

APA/AFP/BULENT KILIC

Mittagsjournal, 13.4.2016

Aus Straßburg,

Der Flüchtlingszustrom ist gedrosselt - jedoch nur fürs erste. Denn nach dem Flüchtlingsdeal mit der Türkei täten sich neue Migrationswege auf. EU-Ratspräsident Donald Tusk sieht Libyen als neuer Ausgangspunkt für eine massenhafte Flüchtlingsbewegung.
Tusk vertritt an der EU-Spitze eine beinharte Linie. Schon im vergangenen Herbst erklärte er die Politik der offenen Türen und Fenster für beendet - die EU-Staaten aber hätten nicht darauf reagiert, kritisiert der EU-Ratspräsident: An der Balkanroute haben wir viel zu spät gehandelt. Das hat schließlich innerhalb der Eurozone zu einem Schließen der Grenzen geführt.

Ein Schließen der Grenzen, das sich weiter fortsetzt - die Pläne der österreichischen Bundesregierung, am Brenner zu kontrollieren, versetzt den Fraktionsvorsitzenden der europäischen Sozialdemokraten, Gianni Pitalla aus Italien in Rage: Was soll dieser präventive Grenzzaun für 25 Flüchtlinge pro Tag? Das ist nutzlos und peinlich.


Die Sicherung der EU-Außengrenzen und entsprechende Rückführungs-Abkommen seien der einzige Weg, um die EU innerhalb zu stabilisieren, argumentieren die EU-Spitzenvertreter Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Beide verteidigen das EU-Türkei-Abkommen. Für Juncker habe Europa zudem Pflicht, die Türkei zu unterstützen, zumal sie fast 3 Millionen Flüchtlinge aufnehme.

Die Türkei jedoch sei ein zweifelhafter Partner, kritisieren zahlreiche EU-Abgeordnete. Vor allem das demokratiepolitische Verständnis von Präsident Erdogan, der nach Satirebeiträge aus Deutschland nach Strafverfolgung ruft, sorgt bestätigt Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei in seiner Kritik.

Hier assistiert auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Mit einem solchen Verhalten entferne sich die Türkei von Europa, sagt der Kommissionspräsident. Europa steckt im Dilemma - es will zwar seine Werte verteidigen. Im Kampf gegen die Flüchtlingskrise sei die Zusammenarbeit mit der Türkei von allen Lösungen "die beste", so Juncker.