Bürgermeisterwahl in London
In Großbritannien werden am Donnerstag Millionen Wähler zu den Urnen gerufen. Die Schotten, Waliser und Nordiren wählen neue Regionalparlamente und in Teilen Englands stehen Gemeindewahlen an. London könnte erstmals einen muslimischen Bürgermeister bekommen. Der Labour-Abgeordnete Sadiq Khan mit indisch-pakistanischen Wurzeln liegt in den Umfragen vor dem Milliardärserben und konservativen Abgeordneten Zac Goldsmith.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.5.2016
Schmutziger Wahlkampf
Der Bürgermeisterwahlkampf der beiden ist in den vergangenen Wochen zunehmend schmutzig geworden: Das Goldsmith-Lager wirft Khan vor, eine radikale Politik zu betreiben und stellt sein Urteilsvermögen in Frage, weil der ehemalige Menschenrechtsanwalt in der Vergangenheit bei Veranstaltungen mit Islamisten auftrat.
Khan beschuldigt wiederum Goldsmith, rassistische Angstmache zu betreiben. Hinzu kommt der erbitterte innerparteiliche Streit in der Labour Partei über anti-semitischen Aussagen von Mitgliedern, er könnte Khan wichtige Stimmen jüdischer Wähler kosten.
Goldsmith stellt Khan in Islamisten-Ecke
Milliardärsspross Goldsmith mischt sich in seinem tadellos sitzenden Maßanzug unter das gemeine Volk, verteilt in der Mittagspause Wahlbroschüren in Cafes und Sandwichbars. Er verspricht zehntausende leistbare Wohnungen in London, mehr Sicherheit für das öffentliche Verkehrsnetz und er will London zur grünsten Metropole der Welt machen.
All das geht aber im Wahlkampfgetöse unter, Goldsmith stellt seinen muslimischen Kontrahenten Khan in einem umstrittenen Flugblatt mit radikalen Islamisten in eine Ecke. Unter anderem trat er bei einer Veranstaltung mit Sympathisanten des "Islamischen Staats" (IS) auf. Goldsmith sagt, es sei gerechtfertigt nachzufragen, welche Verbindungen ein Bürgermeisterkandidat zu Personen habe, die dieser Stadt Schaden zufügen wollen. Goldsmith weist den Vorwurf zurück, er mache Khans Religion zum Wahlkampfhema. Seine Fragen seien weder rassistisch noch islamophob, und es sei unverantwortlich, diese Diskussion niederzubrüllen.
Khan - Sohn eines Busfahrers
Khan liegt in den jüngsten Umfragen trotz dieser Angriffe weiter klar vorne. Der Sohn eines pakistanischen Busfahrers wuchs in armen Verhältnissen auf, machte zuerst als Menschenrechtsanwalt Karriere bevor er es bis zum Verkehrsminister schafft. Er wirbt damit, ein Bürgermeister für alle Londoner, egal welcher Herkunft, sein zu wollen. Er verspricht, die in London rasant gestiegenen Attacken gegenüber Muslimen und Juden zu bekämpfen. Khan zeigt sich enttäuscht über die Wahlkampftaktik des konservativen Gegners, das Goldsmith-Lager wirke zunehmend verzweifelt.
Die jüngste Krise der Labour-Partei über den Umgang mit Antisemitismus könnte Khan aber wichtige Stimmen der jüdischen Wählerschaft kosten. Labour musste zugeben, dass 50 Mitglieder wegen Antisemitismus vorübergehend suspendiert wurden, darunter auch der ehemalige Bürgermeister von London, Ken Livingstone, ein guter Freund von Khan. Khan distanziert sich von der Parteiführung, sie müsse hart vorgehen, die Labour-Partei dürfe kein Ort für Personen sein, die antisemitische Ansichten vertreten.
Nun haben die Londoner die Wahl. Sie sind für ihre Vorliebe bekannt, unkonventionelle Kandidaten zu wählen, ein muslimischer Bürgermeister in einer multikulturellen Metropole könnte schon bald Realität sein.