Filmstart "Mein Praktikum in Kanada"
Kritik am politischen System in Kanada dringt selten zu uns. Die franko-kanadische Politsatire "Mein Praktikum in Kanada" unternimmt jetzt einen - überwiegend komödiantischen - Versuch in diese Richtung.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 7.7.2016
Was passiert, wenn ein Parlamentsabgeordneter auf einmal mehr Macht bekommt, als er gewohnt ist? Diese Frage steht im Mittelpunkt der franko-kanadischen Polit-Satire "Mein Praktikum in Kanada", die das politische System Kanadas und den Umgang mit Demokratie vorführt. Dabei bringt einem der Regisseur Philippe Falardeau die Politik in Kanada auf amüsante Weise ein wenig näher.
Feierliche Auftritte bei der Landfrauen-Vereinigung absolvieren, den LKW-Fahrer-Streik auf der Verbindungsstraße regeln, auf die Interessen der Native Americans eingehen. So sieht die übliche Agenda des unabhängigen Abgeordneten Guibord aus einem der größten Wahlkreisen im Norden Québecs aus.
Neu an seiner Seite: Praktikant und Politologe Souverain aus Haiti. Der junge Idealist möchte Demokratie hautnah erleben und lernen - ganz egal wo auf der Welt. Überrumpelt, wie so oft, lässt der Politiker Souverain an seinem beruflichen, als auch Familien-Leben teilhaben.
Ein Provinzpolitiker auf nationalem Parkett
Doch als Guibord plötzlich zur entscheidenden Stimme wird, es in seiner Hand liegt, ob sich Kanada am Kriegseinsatz im Nahen Osten beteiligen soll, oder nicht, gerät die Situation erwartungsgemäß außer Kontrolle und der Provinz-Politiker muss auf nationalem politischen Parkett bestehen.
Der Regisseur und Drehbuchautor Philippe Falardeau hat selbst Politikwissenschaft studiert, stammt aus dem Wahlkreis Québec und beweisst daher Expertise.
"Ich hatte keine Lust mich an das aktuelle anzuhängen. Ich wollte keinen Film über die kanadische Politik, über Skandale machen und untersuchen, was eine Demokratie ist, was unser System ist. Die Kritik die immer wieder geäußert wird ist, dass unsere Abgeordneten keine Macht haben, dass ihnen die Hände gebunden sind, dass sie beim Abstimmen unter Klubzwang stehen. Na gut, machen wir ein Experiment: was passiert, wenn ein Abgeordneter Macht hat, wenn er endlich einen Unterschied machen kann. Führt das zu mehr Demokratie, zu weniger Demokratie, zu etwas Chaotischerem? Das wollte ich analysieren, aber durch eine Komödie."
Auch Politiker sind nur Menschen
Ein anderes Experiment. Was passiert wenn ein Abgeordneter Macht hat, und nichts damit anzufangen weiß? Die einen nennen ihn gutmütig, die anderen wissen ihn leicht zu manipulieren. Politiker sind nur Menschen, so die Moral der Geschichte. Sie haben Bedenken, trinken manchmal zu viel, haben Familien, die sie vielleicht nicht einmal gewählt haben. Und doch erwartet man von ihnen, Unterstützung zu demonstrieren.
Zurückhaltend zynisch, eine Spur bissig, unterhaltend amüsant. Eine Politische-Satire aus Kanada, so wie man sie sich vorstellt: ein wenig höflicher, ein wenig netter, als man es sonst gewohnt ist. Im Endeffekt haben sich in Kanada dann doch alle lieb.