von Friedrich Christian Delius

Die Liebesgeschichtenerzählerin

Ein Blick tritt Gefühle los: Angst, Hass oder - Liebe. Boy meets girl – der klassische Plot. Der deutsche Autor Friedrich Christian Delius hat sich in "Die Liebesgeschichtenerzählerin" in seine Tante und die Suche nach ihrer Herkunft versetzt. Der Roman hat zwar mit seiner Familie zu tun, aber es ist keine autobiografische Erzählung.

In einer sanften, fließenden Prosa verfolgt Delius die Gedankengänge seiner Protagonistin, die auf der Reise ihre Eindrücke und Erinnerungen Revue passieren lässt und darüber nachsinnt, wie sie ihre Geschichte erzählen soll. Es entsteht der Eindruck, sich inmitten eines ständigen Gedankenstroms zu befinden.

Der Roman heißt nicht umsonst „Die Liebesgeschichtenerzählerin“ – denn Marie will drei Liebesgeschichten in ihrer Familie ins Zentrum ihres Buches stellen. Eine handelt vom ersten holländischen König und seiner Berliner Geliebten – ihre uneheliche Tochter ist Maries Ururgroßmutter. Die zweite dreht sich um Maries Eltern, um ihren strengen und wortkargen Vater.

Es ist ein vielschichtiger Roman geworden, ein Roman über die europäische Vergangenheit, über Kriege und Niederlagen, ein Roman über die Frage, wie man einen Roman schreibt, und nicht zuletzt ein Roman über eine Frau, die sich einen langgehegten Traum erfüllt. Und natürlich ist es auch ein Roman über die Liebe und ihre Geschichten. Die Welt, sinniert Marie an einer Stelle, brauche Liebesromane gerade in Zeiten des Hasses. Eine Überlegung, die sehr aktuell erscheint.