Liesa Kovacs, Video und Videoinstallationen
geboren 1985 in Wien, lebt und arbeitet in Wien
15. September 2016, 11:48

PRIVAT
Kommentar der Künstlerin
Meine Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle von bildender Kunst, Popkultur, Aktivismus und Film. Der erweiterte Kunst- und Kinoraum bedeutet für mich einen möglichen Ort (selbst-)kritischer, differenzierter und konzentrierter aber auch lustvoller Auseinandersetzung. Privates, politisches und künstlerisches Interesse sind dabei untrennbar miteinander verbunden. Der Austausch und die enge Zusammenarbeit mit anderen Künstlerinnen ist ein wesentlicher Teil meiner alltäglichen Praxis.
In meiner aktuell zu sehenden Arbeit FEMME BRUTAL (Co-Regie: Nick Prokesch) werden die queer-feministischen Performances des Wiener Club Burlesque Brutal ins Filmische übersetzt und in der Show aufgeworfene Fragen zu Identität(en), Körper und der Lust am Schauen verhandelt.
FEMME BRUTAL
Künstlerischer Dokumentarfilm, AT 2015, 70min
in Co-Regie mit Nick Prokesch
Die sieben Performerinnen des Wiener Club Burlesque Brutal, Miss Bourbon, Madame Cameltoe, Madame Don Chanel, Cunt, Miss Kottlett, Doctor Sourial und Frau Professor La Rose (aka Katrina Daschner, Gründerin und Host) bringen den (nackten) weiblichen* Körper als widerständiges Moment auf die Bühne. Fleisches-Lust und entwaffnender Humor als politische Geste, die die Selbstverständlichkeit lesbischen und queer-feministischen Begehrens einfordert.
FEMME BRUTAL transportiert die in der Show aufgeworfenen Fragen zu Identität(en), Körper und der Lust am Schauen in den Kinoraum. Die glamourösen Bilder der Show stehen gleichwertig neben einer kollektiven Gedankenflut im Rampenlicht.
NORA
Video, 16:9 HD, 11:28 min, 2014
in Zusammenarbeit mit Cana Bilir-Meier und Lisa Käppler
Eine junge Frau erzählt von ihrer Rastlosigkeit und Erschöpfung in einem vermeintlich selbstbestimmten (künstlerischen) Arbeitsalltag. Im als Probe inszenierten Monolog löst sich die Textebene zunehmend von der Figur der Nora ab. Möglichkeiten der Verschiebung von Wahrnehmung und der Identifikation des/der Betrachtenden mit der Protagonistin werden getestet. NORA oszilliert zwischen vermeintlich authentischen Momenten einer Inszenierung und der dokumentierten Performance der Probe.
Kommentar von Liesa Kovacs
„NORA ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem zunehmenden Anspruch nach Authentizität und der gegenwärtigen Arbeits(markt)situation, in der unbegrenzte Kreativität, smarte Selbstvermarktung, selbstmotivierte Produktivität und innovative Lebens- und Arbeitsweisen immer wichtiger werden. Zwischen „Arbeit“ oder „Nicht-Arbeit“ ist kaum noch zu unterscheiden. Jeder Mensch eine/r Künstler/in? Die Idee des Künstler/innentum als Vorbild für eine kapitalistische und leistungsorientierte Gesellschaft?“
POLICEMAN
Zweiteilige Videoarbeit, HD 16:9, 2012
Musikvideo mit Ton, 4:25min
Video ohne Ton, 4:45 min
in Zusammenarbeit mit Nick Prokesch
...
handsome
he was so handsome
and so strict
i think i fell
in love
with uniforms
i think i fell
in love
with you
...
„The uniform wants to be looked at.“
POLICEMAN ist eine sinnlich-kritische Auseinandersetzung mit Uniform, Fetisch, Machtverhältnissen und Maskulinität(en). Sie besteht aus dem Musikvideo, das in Kollaboration mit der queer-feministischen Performance & Elektropop-Gruppe POP:SCH entstand und der soundlosen Neuinterpretation des Materials. „The body and its power of speech.“ Wir lösen uns vom Rhythmus und der Melodie des Popsongs und konzentrieren uns auf die Sprache der Bilder, die Posen und Gesten, die brüchige „straightness“ der Performances.
Arbeitsvorhaben
Arbeitstitel: DAS SCHIFF AUF DER DONAU (Diplomprojekt)
In Rahmen meines Diplomprojekts möchte ich mich mit der aktuellen und jüngeren Geschichte nationalstaatlicher Grenzziehungen in Europa und gesellschaftlicher Ein- und Ausschlussmechanismen anhand konkreter Ereignisse auseinandersetzen. Dabei beschäftige ich mich auch mit der Ästhetik widerständiger Praxen und Formen der künstlerischen Selbstverteidigung.
Geplant ist eine zehn bis fünfzehn-minütige essayistisch-dokumentarische Videoarbeit. Ausgangspunkt sind die Ereignisse rund um die brutale Vertreibung und Abschiebung einer Gruppe jüdischer Burgenländer_innen aus Kittsee und Pama im April 1938 und der Text des kommunistischen Autors Friedrich Wolf, der die Geschehnisse „Das Schiff auf der Donau“ verarbeitete. Dabei soll das Lückenhafte, das Fehlen von Informationen und Erinnerungen eine Rolle spielen und Elemente meiner eigenen (Familien-)Geschichte fragmentarisch miteinfließen. Meine Großmutter arbeitete in den 1940er-Jahren im Büro der GESTAPO Eisenstadt und sagte im späteren Gerichtsverfahren in Wien für ihre damaligen Vorgesetzten aus, die aufgrund mangelnder Beweislage nie verurteilt wurden.
Universität
Ausbildung
seit 2010
Akademie der bildenden Künste Wien, Klasse für Video und Videoinstallation (Dorit Margreiter)
2011-2016
Studentische Mitarbeiterin im Medienlabor der Akademie d. bildenden Künste (Leitung: Bettina Henkel)
2014
Mehrmonatiger Studienaufenthalt an der Hochschule für bildende Künste HFBK Hamburg
seit 2009
Diverse Tätigkeiten bei österreichischen Kulturveranstaltungen und Filmfestivals u.a. Viennale, Diagonale, Vienna Independent Shorts, Youki
Jugend und Medien Festival (Organisation, Koordination, Videodokumentation, Kuratieren von Ausstellungs- und Filmprogrammen, Arbeiten mit Schüler/innengruppen u.a.)
Workshoptrainerin für Medien- und Filmvermittlung an pädagogischen Hochschulen in Österreich und für EU-Projekte (u.a. EU XXL)
Diverse Assistenzen und Mitarbeit im Kunst- und Filmbereich: Recherche, Kamera, Regieassistenz, Produktion (u.a. Witcraft, La Banda Film)
2006-2008
Kolleg für Multimedia, Höhere Graphische Bundes- Lehr- und Versuchsanstalt Wien
2005-2006
Studium der Soziologie, Universtität Wien
2004
Matura (Musikschwerpunkt), BRG/BORG St.Pölten
AUSSTELLUNGEN
2016
Teilnahme von FEMME BRUTAL (Co-Regie: Nick Prokesch) an folgenden Film Festivals: FRAMELINE INTERN. LGBTQ Film Festival San Francisco, DIAGONALE - Festival des österreichischen Films, BFI Flare Film Festival London, Frauen Film Tage Eröffnungsfilm in Wels, MALMÖ Intern. Queer Film Festival, Queere Filmtage Leipzig u.a.
MUMOK KINO - Capitalist Anger (on Screen) - Screening von NORA (Co-Regie: Cana Bilir-Meier, Lisa Käppler)
2015
Publikumspreis für FEMME BRUTAL am THIS HUMAN WORLD Film Festival Wien
Premiere von FEMME BRUTAL am CROSSING EUROPE Film Festival Linz (Cinema Next)
FEMME BRUTAL Screening beim LSF Festival in Hamburg
2014
Kunsthalle Lüneburg - Looking for the Dancing - Praxis, Probe, Training - Screening von NORA (Co-Regie: Cana Bilir-Meier, Lisa Käppler)
2013
MUMOK Wien - Proben aufs Exempel - ideoinstallation von READING TV (Co-Regie: Anna Spanlang)
IDENTITIES Intern. Queer Film Festival Wien - Short Film Program - POLICEMAN (Co-Regie: Nick Prokesch)