Verlängerung für Kronzeugenregelung?

Seit 2011 ist in Österreich die große Kronzeugenregelung in Kraft. Sie ist allerdings vorerst begrenzt auf fünf Jahre und würde Ende des Jahres ersatzlos auslaufen. Vor dem Sommer hatte das Justizministerium einen Entwurf eingebracht, mit der die Kronzeugenregelung in überarbeiteter Form endgültig im Gesetz verankert werden sollte. Doch im Begutachtungsverfahren wurde die Neufassung von Obersten Gerichtshof, Rechtsanwaltskammer und Wirtschaftskammer abgelehnt. Auch die ÖVP legt sich quer. Im Justizministerium wird derzeit daran gearbeitet, im Herbst noch rechtzeitig einen neuen Gesetzesentwurf zu erarbeiten.

Mittagsjournal, 1.9.2016

Telekom Kronzeuge Gernot Schießzler, ist der wohl bekannteste Kronzeuge Österreichs. Seine Aussagen haben zu mehreren Telekomprozessen und mittlerweile auch zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt. Schießzler selbst blieb durch seine Aussagen eine Haftstrafe erspart, obwohl er an mehreren Untreuedelikten beteiligt war. Etwa 10 Kronzeugen hat man sein Einführung der Regelung in der Justiz verzeichnet, heißt es im Justizministerium. Trotzdem gab es vor dem Sommer Kritik am Gesetzesentwurf mit dem die Kronzeugenregelung ab kommendem Jahr fix im Gesetz verankert werden sollte.

Der Oberste Gerichtshof etwa betonte in der Begutachtung, dass derartige Prozessabsprechen abzulehnen sein. Für die Österreichische Rechtsanwaltskammer widerspricht der Kronzeugenstatus wesentlichen Grundsätzen des österreichischen Strafrechts. Haupttäter könnten so straffrei davon kommen. Die Wirtschaftskammer ortete in der Begutachtung wiederum eine Förderung von Denunziantentum und Spitzelwesen. Anders sieht man die Kronzeugenregelung bei Transparency International Österreich. Bereichsleiterin Bettina Knötzl appelliert für eine fixe Verankerung der Kronzeugenregelung im Gesetz und deren Ausbau. Das Modell habe sich schon im Wettbewerbsrecht sehr bewährt. Es wäre wünschenswert wenn die Kronzeugenregelung an dieses Modell angelehnt, stärker ausgebaut werde und nicht ausläuft.

So sollten etwa mehr Rechtssicherheit für Kronzeugen geschaffen werden, sagt Knötzl. Damit würden sich wohl auch mehr Kronzeugen melden, als bisher, sagt Knötzl. Im Justizministerium wird seit Anfang des Sommers an einem neuen Gesetzesentwurf für die Kronzeugenregelung gearbeitet, sagt der zuständige Sektionschef Christian Pilnacek. Er ist zuversichtlich, dass die von Minister Brandstetter eingesetzte Expertengruppe im September einen Entwurf vorlegt, der auf mehr Zustimmung stößt.

Wie der neue Entwurf aussehen wird, kann Pilnacek noch nicht genau sagen, aber man werde auf die Kritikpunkte von Obersten Gerichtshof und Rechtsanwaltskammer eingehen. Es soll klar gestellt werden, dass es sich nicht um einen Deal handelt und dass der potentielle Kronzeuge mehr Sicherheit erhält. Am 20. September findet noch eine letzte Sitzung der Arbeitsgruppe statt, sagt Pilnacek.

Bis Oktober muss jedenfalls der neue Entwurf im Parlament eingebracht werden. Dann würde es sich noch ausgehen, dass mit 1.1.2017 eine neue Kronzeugenregelung in Kraft treten kann.