"Saint Amour": Weinselige Reise mit Depardieu
Saint-Amour ist ein Weingebiet im französischen Beaujolais nahe der Stadt Lyon, und dorthin reisen die drei Figuren im Film "Saint Amour - Drei gute Jahrgänge". Im Mittelpunkt steht die Krise zwischen einem Bauern und seinem Sohn, verkörpert von Gerard Depardieu und dem belgischen Schauspieler Benoit Poelvoorde. Auch Michel Houellebecq hat einen bizarren Gastauftritt als vermeintlicher Hotelier.
8. April 2017, 21:58
Jean (Gerard Depardieu) liebt die Arbeit als Landwirt und Bruno (Benoit Poelvoorde) liebt die Produkte, vor allem jene, die aus Weintrauben gemacht werden. Der Vater also bevorzugt die Pflicht, der Sohn das Vergnügen. Die Existenz als Viehzüchter ödet ihn an. Dann schon lieber einen Job in einem Gartencenter, eine würdelose Alternative, findet Jean. Der Konflikt zwischen Vater und Sohn ist klassisch, die Kommunikation holprig.
Lebenssicht erweitern
Eine gemeinsame Reise in mehrere französische Weingebiete soll helfen, den mentalen und emotionalen Abstand zwischen Vater und Sohn zu verringern, ihre Lebenswelt und -sicht zu erweitern, ganz im Sinne von Hauptdarsteller und Winzer Gerard Depardieu. Um das Leben kennenzulernen, sei auch die Kenntnis von Weinrouten unerlässlich, so Depardieu. Doch ein simples Roadmovie in dem eine Vater-Sohn-Beziehung repariert wird, ist "Saint Amour" nicht.
Skurrile Begegnungen
Denn der Weg durch Frankreich bildet das Land und diverse Gemütszustände seiner Bewohner in skurrilen Begegnungen ab: eine Kellnerin, der die steigenden Staatsschulden große Sorgen bereiten, ein Taxifahrer, dessen sexuelle Angeberei gnadenlos enttarnt wird, ein erotisches Abenteuer von Jean mit einem Schönheitsfehler - vor lauter Kuscheln vergisst er auf den Sex. Schließlich eine Braut, die heftige Zweifel am bäuerlichen Beruf ihres Mannes bekommt. Ein Milieu, dessen Imageprobleme der Film trotz aller Komik realistisch fundiert. Dabei hat geholfen, dass Co-Regisseur Benoit Delepine selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen ist.
Märchenszenario
Der Alkohol macht im Film "Saint Amour" aus Abbildern der Wirklichkeit Zerrbilder. Mit ihm als verlässlichem Gefährten betreten die Figuren schließlich ein Märchenszenario, in dem sie sich mit der Welt versöhnen, Jean mit Bruno, Jean mit dem Tod seiner Frau, Bruno mit seiner Erfolglosigkeit bei Frauen. Nüchtern betrachtet: Ein Szenario, in dem nicht mehr der vorsätzlichen Peinlichkeit, sondern vor allem der Zärtlich - und Menschlichkeit gehuldigt wird.