Prägt Sprache das Denken? - "Arrival" im Kino

Wenn Außerirdische im Film auf die Erde kommen, dann sind wie im Paradebeispiel "Independence Day" die Kriegstreiber meist schnell zur Stelle. Einen ganz anderen Weg schlägt der US-amerikanische Science-Fiction-Film "Arrival" ein, in dem eine Sprachwissenschaftlerin dem Geheimnis einer höchst komplexen Kommunikationsform auf den Grund geht.

Frau im orangen Schutzanzug

Linguistik-Professorin Louise Banks (Amy Adams) soll übersetzen

Paramount Pictures

Morgenjournal, 22.11.2016

Warum sind sie hier? Woher kommen Sie? Was wollen Sie? Als zwölf Raumschiffartige Gebilde rund um den Globus auf der Erde landen ist die Aufregung groß. Doch wie kann man sich den Außerirdischen nähern, wie mit ihnen kommunizieren? Eine komplexe Aufgabe steht vor der Linguistik-Professorin Louise Banks (Amy Adams), die sich dem Raumschiff im US-Bundesstaat Montana nähert.

Kreisförmige Kommunikation

Die beiden krakenförmigen Außerirdischen, sogenannte Heptapoden, kommunizieren nicht mit linearen Zeichenfolgen, sondern mit kreisförmigen, tintenklecksartigen Ausfransungen, jede einzelne mit einer eigenen Bedeutung. Mühsam wird ein gemeinsames Vokabular erarbeitet. Schon bald ist klar: Die unbekannte Spezies ist der menschlichen hochgradig überlegen, ihre Kommunikation basiert auf für Menschen kaum vorstellbaren Grundlagen. Er wollte, so der kanadische Regisseur Denis Villeneuve, "eine Sprache entwerfen, die letztlich ein völlig anderes Denken repräsentiert".

Politische Lesart

Denis Villeneuve nähert sich dem Unbekannten, anders als oft gesehen im Science-Fiction-Film, zuerst einmal nicht mit dem Reflex der Bedrohung und Verteidigung, sondern mit dem Anspruch der Neugierde. So mancher Weltenführer verliert aber doch die Geduld, verfällt in eine kriegerische Paranoia. Die politische Lesart vom Versagen der Menschheit angesichts einer globalen Herausforderung kratzt aber ohnehin nur an der Oberfläche des Stoffs.

Sprachwissenschaftliche Lektion

Weil die Sprache der Außerirdischen das Verhältnis von Vergangenheit Gegenwart und Zukunft neu interpretiert, weil sie nicht linear denken, sondern zirkular, führt auch Regisseur Villeneuve die Geschichte quasi im Kreis herum, Rückblenden nehmen die Zukunft vorweg. Und wo ist dann der Anfang, wo das Ende? Ein Film als sprachwissenschaftliche Lektion im Science-Fiction-Gewand?

Nicht nur, denn "Arrival" ist auch ein intelligentes Täuschungsmanöver, das sein Genre nicht nur bedient, sondern auch bereichert. Regisseur Denis Villeneuve arbeitet derzeit an der Fortsetzung des Klassikers "Blade Runner". "Arrival" stimmt auch dafür zuversichtlich.

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