"Die Tänzerin": Biopic über Loïe Fuller

Mit ihrem einzigartigen Schleiertanz wurde die Amerikanerin Loïe Fuller in der Belle Époque in Frankreich berühmt. Über hundert Jahre später würdigt die junge Regisseurin Stéphanie Di Giusto in ihrem Debütfilm "Die Tänzerin" die Avantgardistin und tragische Figur.

Die Hauptrollen spielen Sängerin SoKo und Johnny Depps Tochter Lily-Rose. Ab Freitag kommt der Spielfilm ins Kino.

Dunkelhaarige Frau im weißen Kleid

Thimfilm

Kulturjournal, 12.12.2016

"Die Frau hinter den Schleiern gab mir Mut"

Alles habe mit einem Schwarz-Weiß-Foto aus der Jahrhundertwende begonnen, erzählt die Regisseurin Stéphanie Di Giusto. Darauf war eine Tänzerin zu sehen - eingehüllt von wirbelnden weißen Tüchern. Ihre Silhouette war nur schemenhaft zu erkennen.

"Dieses Foto machte mich neugierig. Sie war so schön und ich wollte wissen, wer die Frau war, die sich hinter den Schleiern versteckte. Als ich ihre Geschichte erfuhr, war ich erstmal sprachlos. Ihr Kampf, ihre Stärke waren bemerkenswert. Ihre Geschichte hat mich berührt und mir den notwendigen Mut gegeben meinen ersten Film zu machen."

Choreografie & Technik revolutioniert

Loïe Fuller ist keine Schönheit. Sie trägt das Haar kurz und ihr Körperbau ist kräftig. Dargestellt von der Sängerin und Schauspielerin SoKo zieht es die Autodidaktin dennoch auf die Bühne. Mit ihrem selbst kreierten patentierten Serpentinentanz findet sie einen Weg sich auszudrücken - anmutig und grazil zu sein - und revolutioniert damit Choreografie, Bühnenbild und Technik.

Bambus-Stöcke, die ihre Arme verlängern versetzen ihr Kleid aus 350 Metern Seide in ausdrucksstarke Bewegungen -, erwecken er zum Leben. Scheinwerfer, in den verschiedensten Farben verwandeln die dunkle Bühne in eine Lichtshow, die die Welt bis dahin noch nicht kannte.

Schönheit und Leiden

"Das war im Kino wirklich sehr schwierig darzustellen - diese Schönheit, wenn sie zu transzendieren beginnt, und dann das Leiden. Immerhin tanzte diese Frau mit Bambusstöcken in den Händen 40 bis 50 Minuten lang - im Dunkeln, unter der Hitze etlicher Projektoren. Das verlangte ihr einiges ab. Nach den Vorstellungen musste sie sich oft Tage lang erholen, hatte Schmerzen im Rücken und Nacken, verbrannte sich durch das Licht langsam die Augen. Und trotzdem stellte sie sich immer wieder auf die Bühne. Sie war außergewöhnlich. Und diese surrealistische Seite, diese bis dahin nie gesehene Schönheit, und gleichzeitig dieses Leiden wollte ich zeigen. Das war wohl die größte Herausforderung dieses Films", erzählt Stéphanie Di Giusto.

SoKo und Lily-Rose Depp

Loïe Fuller (SoKo) und Isadora Duncan (Lily-Rose Depp)

Thimfilm

Isadora Duncan wird zum Verhängnis

Doch Neiderinnen und Nachahmerinnen machen es Loïe Fuller schwer, nicht zuletzt ihre Schülerin Isadora Duncan, gespielt von Lily-Rose Depp, die ihr zum Verhängnis wird und anschließend als Begründerin des Modern Dance gilt.

Um das strapaziöse und selbstquälerische Leben dieser Visionärin zu erzählen, versucht die Regisseurin in die Gefühlswelt von Loïe Fullers einzutauchen. Versucht sich mit ihr zu identifizieren, mit ihren Komplexen und Unsicherheiten, ihrer Willenskraft und Sturheit. Zeigt den Schmerz, den sie empfindet, körperlich, aber auch seelisch. Und lässt einem die tragische Figur in einer von Schönheit besessenen Gesellschaft nachempfinden.