Oscar-Gewinner "Moonlight"
Regisseur Barry Jenkins erzählt in seinem prämierten Sozialdrama die Geschichte eines schwarzen Jungen in Miami.
8. April 2017, 21:58
Und der Oscar für den besten Film geht an "La La Land". Oder doch nicht? Denn wenige Minuten später war bei der Oscar-Verleihung letzte Woche alles anders. Eine peinliche Panne. Nicht das hochfavorisierte Musical hatte gewonnen, sondern der Independent-Film "Moonlight" des afroamerikanischen Regisseurs Barry Jenkins. Jener Film, in dem das Aufwachsen eines homosexuellen Schwarzen in einem Problemviertel von Miami im Mittelpunkt steht.

Juan (Mahershala Ali, Oscar®-nominiert als Bester Nebendarsteller) und Chiron/Little (Alex Hibbert).
THIMFILM
Mittagsjournal, 7.3.2017
Schon am Schulweg hat Chiron mit der Welt zu kämpfen. Mitschüler hänseln den Zehnjährigen, drohen mit Prügel. Zuflucht findet der Bub aus desolaten Familienverhältnissen ausgerechnet beim Drogenboss eines Viertels in Miami, eine Art Ersatzvater (Nebendarsteller-Oscar für Mahershala Ali). Kein eigener Vater also, eine drogensüchtige Mutter, umfassende Vernachlässigung. Chiron kann sich keine Hilfe erwarten, keine Ansprache, keine Geborgenheit, auch später nicht. Als Pubertierender wird er in der Schule immer noch angefeindet.
https://www.instagram.com/p/BPco1jJF-n9/" style=" color:#000; font-family:Arial,sans-serif; font-size:14px; font-style:normal; font-weight:normal; line-height:17px; text-decoration:none; word-wrap:break-word;" target="_blank">jetzt ist es offiziell: wir bringen den großen Oscar-Favoriten MOONLIGHT nach Österreich! Kinostart 10. März #moonlight #goldenglobes #bestfilm #barryjenkins #drama #mahershalaali #oscars2017
Drei Kapitel des Aufwachsens
Wie findet Chiron also jenen Platz in der Gesellschaft, an dem er ganz bei sich sein kann? Wo ist die Zone, in der er keine Angst mehr haben muss, das zu sein, was er ist, also schwarz, schwul und ein Außenseiter. In drei Kapiteln, drei unterschiedlichen Stadien des Aufwachsens verfolgt Regisseur Barry Jenkins Chirons Suche und Kampf, basierend auf eigenen Erfahrungen und jenen von Drehbuchautor Tarell Alvin McCraney, der zuvor den Stoff auch im Theaterstück "In Moonlight Black Boys Look Blue" aufgegriffen hatte.
Verachtung der Homosexualität
Chirons eigentlicher Gegner ist die männliche heterosexuelle Aggression der Black Community und ihre Wahrzeichen, der Drogendealer und Goldkettenträger, der eine kleine goldene Krone auf dem Armaturenbrett seines Muscle-Cars herumchauffiert, vulgäre Angeberei wenn es um sexuelle Heldentaten mit Frauen geht, offene Verachtung für Homosexualität. Freilich gehe es in seinem Film auch um Repräsentationsformen von Maskulinität, so Regisseur Barry Jenkins.
Was zeigt man?
"Moonlight" verbindet Sozialdrama und Coming-of-Age-Geschichte, lässt den Kinozuseher behutsam und intensiv zugleich an der Erkundung eines andauernden Gefühlschaos teilhaben, an einem Kreislauf aus Geld und Liebe, aus Drogen und Hass. Was spürt man, was zeigt man? Nicht nur Chiron kämpft mit den Widersprüchen seiner Befindlichkeit. Selbst als Erwachsener und längst auch im Drogengeschäft, imitiert er Posen, die nicht seine eigenen sind. Aber der Gefühlspanzer, der sich mittlerweile als Muskelprotz tarnt, wird langsam brüchig.
Service
Moonlight
The New York Times - 'Moonlight': Is This the Year's Best Movie?