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Boulevard
Fellner: "Wir sind der gute Boulevard"
Auf dem österreichischen Zeitungsmarkt polarisiert kaum jemand mehr als Wolfgang Fellner. Mit seinem Ruf als "böser" Zeitungsmacher kann Fellner im #doublecheck-Interview aber wenig anfangen.
3. Juli 2017, 02:00
Fellners Einstieg in den Journalismus begann schon früh. In jungen Jahren gründete er das Jugendmagazin "Rennbahn Express", 1983 folgte die Illustrierte "Basta", beide gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Helmuth. Der große Erfolg der Fellner-Brüder kam mit der "News Gruppe", dem bis dato wichtigsten Magazinverlag des Landes, an dem Fellner immer noch eine Finanzbeteiligung hält. 2006 ist Fellner mit der Gratiszeitung "Österreich" in den Tagesjournalismus eingestiegen.
Der gute Boulevard, das sind wir
Ob "Österreich" oder "News", Kritik begleitete das Schaffen des Wiener Medienmachers von Anfang an – so sehr, dass sich dafür ein eigener Begriff etabliert hat. "Fellnerismus" meint die fragwürdige Vermischung von Journalismus und Marketing, bei der journalistische Qualität und Ethik oftmals keinen Platz mehr haben.
Dass er als der Böse am Boulevard gilt, versteht Fellner nicht. "Wer erfolgreich ist und wer polarisiert, gilt gleich als böse", sagt er im Interview. Und: "Kritische Journalisten werden als böse eingestuft." Das gehe Armin Wolf so, und das gehe ihm so. Fellner verweist darauf, dass er nicht verurteilt sei und seit Jahren keinen Politiker mehr angegriffen habe. Im Gegensatz zu "Heute" und "Kronen Zeitung" erkennt "Österreich" seit Februar 2017 auch den Presserat an. "Wenn jemand der gute Boulevard ist, dann wir", so Fellner.
Wer die Auflage hat, gewinnt
Beim Verkauf von Inseraten wird Fellner Härte nachgesagt. Die Kritik, dass seine Zeitung "Österreich“ vor allem viele Inserate von öffentlichen Stellen erhalte, ist für Fellner nicht legitim, zumal diese nur nach der Reichweite vergeben werden. "Wer viele Leser und viel Auflage hat, der gewinnt. Wer wenig Leser hat, der verliert."
Wolfgang Fellner im Interview mit Stefan Kappacher, Teil 1
Einer gegen alle
Dass er im Clinch mit allen in der Medienbranche stehe, stimme nicht. Aber ihm wurden Steine in den Weg gelegt, berichtet Fellner. "Alle haben verzweifelt versucht, mich vom Markt fernzuhalten." Alle Gerichtsverfahren seien verglichen worden, nur mit dem Chefredakteur des "Kurier", Helmut Brandstätter, der mit einer "Klagewut beseelt" sei, seien noch Verfahren anhängig.
Wolfgang Fellner im Interview, Teil 2
Auf Kriegsfuß mit "Der Standard"
Seine Vorwürfe gegen das Forum des Online-"Standard" bekräftigt Fellner im Interview. Es werde nicht ausreichend moderiert, verhetzende Kommentare blieben stehen: "Ich finde es lustig, dass der 'Standard' uns vorwirft, wir seien ein Boulevardmedium, und selber mit seinem Forum das wirklich unanständigste und grenzüberschreitendste Medienunternehmen betreibt, das es in diesem Land gibt." Das Meinungsforum im "Standard" widerspreche allem, was im Journalismus erlaubt sei, so Fellner.
Wolfgang Fellner im Interview, Teil 3
"Duales System funktioniert nicht"
Seit 2016 betreibt Fellner mit "oe24.TV" auch einen eigenen Fernsehsender, der vor allem Bewegtbild für die digitalen Plattformen der Mediengruppe liefern soll. Die Schwierigkeiten, die Fellner nach eigenen Angaben mit der Tageszeitung "Österreich" erlebt hat, seien am Fernsehmarkt nicht vorhanden gewesen. Wenngleich der Wettbewerb dort "unfair" sei, weil, so Fellner, das duale System – also das Zusammenspiel von öffentlich-rechtlichem und privatem Fernsehen - nicht funktioniere. Deswegen sei "oe24" auch nur ein "kleiner Nischensender".
Wolfgang Fellner im Interview, Teil 4
Social-Media-Trends geben den Takt vor
Für den Online-Auftritt von "Österreich" ist Fellners Sohn Niki Fellner verantwortlich. "oe24.at" arbeitet datengetrieben. Programme analysieren, welche Themen und Geschichten auf Social Media geteilt und kommentiert werden. Man hält sich an das, was auf Social Media gut läuft und beliebt ist. "Das ist die Philosophie aller Internetportale", bestätigt Fellner. "Wenn eine Story auf Social Media stark trendet, dann kommt sie auf unsere Seite."
Mit den Social-Media-Rankings vernünftig umzugehen ist allerdings eine Herausforderung. So kommen immer wieder teils bizarre Geschichten auf der "oe24"-Website, wie etwa zahlreiche Berichte über drohende Asteroiden-Einschläge. Fellner räumt ein, dass das nichts mit Journalismus zu tun hat, aber den Algorithmen von Facebook und Google könne er sich nicht entziehen. "Wir passen mittlerweile darauf auf, dass da keine ausländerfeindlichen, keine frauenfeindlichen Geschichten und keine Hetze dabei ist. Das werden sie bei uns nicht mehr finden", so Fellner.
Wolfgang Fellner im Interview, Teil 5
Im Wahlkampf will sich Fellner auf keine Seite schlagen. Alle Politiker werden gleich viele Einladungen erhalten, niemand werde bevorzugt. "Wir wollen verstärkt zum Vorbild werden. Spätestens seit dem Eintritt beim Presserat sind wir eindeutig der gute Boulevard", betont Fellner.