Alma Deutscher

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Auf dem Weg

Die Komponistin und Pianistin Alma Deutscher

Ein knapp zwölfjähriges Mädchen bringt seine eigene Oper auf die Studiobühne der Wiener Staatsoper. Es geht um Aschenputtel. Die Premiere findet einen Tag nach Mozarts Geburtstag statt. Was brauchen wir noch mehr?

Im Oktober 2012 twitterte der Autor Stephen Fry: "Simply mind-blowing: Alma Deutscher playing her own compositions. A new Mozart?" Dieser begeisterte Zwitscherer kam ausgerechnet von einem scharfsinnigen und scharfzüngigen Autor, dem man die Verehrung von Wunderkindern nicht so ohne Weiteres glauben will. Noch dazu hatte Fry im selben Jahr erst ein Buch veröffentlicht, dessen Titel "Darling, fesselst du schon mal die Kinder?" lautet.



Auf die unvermeidlichen Vergleiche mit dem Salzburger Kind aus dem 18. Jahrhundert soll sie, das Kind aus dem 21. Jahrhundert, geantwortet haben: "Ich bin kein kleiner Mozart; ich bin eine kleine Alma."

Alma Deutscher

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Alma Deutscher während einer Probe von "Cinderella", 2016

Mit vier die erste Komposition

Aber der Reihe nach, und so, wie es auf ihrer Website steht: Alma Deutscher, geboren im Jahr 2005, ist Komponistin, Geigerin und Pianistin. Im Alter von zwei Jahren begann sie, Klavier zu spielen. Mit drei griff sie zur Violine, mit vier schrieb sie ihre ersten eigenen Kompositionen.

Zu ihrem siebten Geburtstag waren eine komplette Klaviersonate und ein Opern-Einakter vollendet, drei Jahre später ein Violinkonzert, mehrere Kammermusikwerke und eine abendfüllende Oper: "Cinderella", uraufgeführt 2015 in Israel, erlebte vor einem guten Jahr im Wiener Casino Baumgarten ihre deutschsprachige Weltpremiere. Auch da klangen die meisten Kritiken wohlwollend bis begeistert - kaum jemand mokierte sich über die Musik.

Aus dem 18. Jahrhundert transferiert

Diese klingt, als sei sie direkt aus dem 18. Jahrhundert ins Heute transferiert, wobei sie auf dem Weg, aus den Epochen dazwischen, noch eine gute Portion Virtuosität und eine Dosis romantische Liedtradition mitbekommen hat.

Selbstverständlich wurde sie mit dem Vorwurf konfrontiert, dass ihre Musik nicht zeitgenössisch genug sei, ja die vergangenen 120 Jahre verschlafen habe. Nicht einmal ein Quäntchen Popularmusik sei dabei. Aber das kümmert sie wenig (und man darf sagen, dass es auch ihr Publikum nicht interessiert).

Alma Deutscher, das englische Mädchen, das von seinen Eltern zu Hause unterrichtet wird - nicht in Musik, aber in allem anderen, was die Schulpflicht vorschreibt - schreibt das auf, was ihr einfällt. Angeblich fallen ihr die besten Melodien ein, während sie mit einer Springschnur durch den Garten im heimischen Surrey hüpft.

Übermut & britisches Understatement

Und niemand versucht, sie zu beeinflussen, scheint es. Alma Deutscher ist ein selbstbewusster, junger Mensch; sie strahlt gleichzeitig kindlichen Übermut und schon eine gewisse Dosis britischen Understatements, ja Ironie aus. Dabei wirkt sie nie überheblich. Und es gäbe einiges, was ihr zu Kopfe hätte steigen können: Die Dirigenten Simon Rattle und Zubin Mehta sind ihre Fans. Ihr YouTube-Kanal hat Millionen Abonnent/innen.

Alma Deutscher kann man nicht einfach als Wunderkind bezeichnen: Ihr Talent dürfte auch noch in der - teilweise unheimlichen - Welt der Hochbegabungen einsame Spitze sein. Sie spielt gleichermaßen großartig Geige und Klavier, ihre Singstimme hat etwas Betörendes, ihre Kompositionen lassen allein handwerklich kaum etwas zu wünschen übrig, und sie kann ihre Vorstellungen zur richtigen Interpretation auch überzeugend ausdrücken.

Im "Ö1 Klassik-Treffpunkt" ist sie gemeinsam mit Birgit Kajtna, der Regisseurin der Staatsopernproduktion von "Cinderella", zu Gast, am 27. Jänner, also exakt an Mozarts Geburtstag. Ein paar Tage nach der Premiere wird sie ihren 13. Geburtstag feiern. Der Weg vom Kind zur Erwachsenen hat längst begonnen.

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