Steinerner Adler

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1940

Schloss Kleßheim, Salzburg

Knapp an der österreichisch-deutschen Grenze situiert, war das nach Plänen Fischer von Erlachs errichtete Schloss Kleßheim eine ideale Örtlichkeit für Adolf Hitler, um hier seine Staatsgäste zu empfangen: Mit seiner Nähe zur Sommerresidenz Obersalzberg bei Berchtesgaden und mit einem überaus repräsentativen, noblen Ambiente.

Des Führers barockes Gästehaus

Von 1940 bis 1942 wurde das etwa fünf Kilometer westlich der Stadt Salzburg gelegene Barockschloss umgebaut und als "Empfangssalon des Reiches" sogar als kriegswichtiger Bau eingestuft.

Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich stellte Propagandaminister Josef Goebbels dem Land Salzburg Mittel zur Verfügung, um auf Schloss Kleßheim Empfänge anlässlich der Salzburger Festspiele 1938 abhalten zu können. Verantwortliche der ersten Grundsanierung, des über die Jahre etwas verwahrlosten Baus, waren die Salzburger Architekten Otto Strohmayer und Otto Reiter.

"Sie haben im Auftrag des Landes Salzburg die Außenseite des Schlosses Kleßheim und das ganze Innere des Mitteltraktes erneuert und haben Ihre Aufgabe mit vorbildlichem künstlerischen Verständnisse gelöst, indem sie gleicherweise dem Geiste des Barock als auch dem neuen Gestaltungswillen des Nationalsozialismus gerecht wurden", zitiert die Salzburger Landeszeitung am 12. Dezember 1938 ein Anerkennungsschreiben des Landeshauptmanns und NSDAP-Gauleiters Friedrich Rainer an die Architekten.

  • Schloss Kleßheim

    Das Schloss beherbergt heute ein Casino

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  • Schloss Kleßheim

    Die Schlossanlage befindet sich heute in unmittelbarer Nähe zu einer Industrieanlage; gleich gegenüber liegt das Salzburger Fußballstadion.

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  • Schloss Kleßheim

    Eingangsbereich mit Gartenpavillons

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  • Schloss Kleßheim

    Die gleiche Situation von innen gesehen

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  • Laterne

    Der Infotext am Schlosseingang weißt darauf hin, dass niemals Hakenkreuze an den steinernen Adlern befestigt gewesen seien - auf die Nutzung des Gebäudes in Kriegszeiten hingegen nicht.

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  • Schloss Kleßheim

    Der Eingangsbereich sollte sich an Schloss Schönbrunn orientieren ...

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  • Schloss Kleßheim

    Die Auffahrt

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  • Torbögen

    Die nachträglichen Einbauten sind heute deutlich an ihrer Materialwahl zu erkennen.

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  • Torbögen

    ... auch an der Rückseite des Schlosses.

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  • Rückseite von Schloss Kleßheim

    Auch in jüngster Zeit wurden am Schloss noch Umbauten vorgenommen.

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Im Schlosspark

Als man 1940 mit dem Bau der "Führerresidenz" am Obersalzberg beginnt, entschließt sich das NS-Regime das nahe gelegene Schloss Kleßheim zur Unterbringung hoher Staatsgäste zu nutzen. "Wo auch ab Ende 1940 detailliert bekannt gegeben wird, dass man es ab jetzt nur noch "Gästehaus des Führeres" nennen darf", sagt die Kunsthistorikerin und Provenienzforscherin Imma Walderdorff, die sich der NS-Geschichte des Ensembles zwischen 1938 und 1945 im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojekts gewidmet hat.

Mit dem weitreichenden Umbau des Ensembles samt aller Nebengebäude, inklusive Autobahnanbindung, Empfangsbahnhof, Luftschutzbunkern und Gartengestaltung, wurde wiederum das Architektenduo Strohmayr und Reitter betraut.

Das Schloss, in seinem Ursprung lediglich als sommerliche Jagdresidenz geplant und entsprechend ohne Infrastrukturen die eine ganzjährige Nutzung ermöglicht hätten, wird regelrecht entkernt. Im Erdgeschoss entstehen "drei Apartments für hohe Staatsgäste und im Obergeschoß das sogenannte Hauptapartment", weiß Imma Walderdorff. Die Apartments werden mit Kunstgegenständen heute teils ungeklärter Provenienz ausgestattet. Nachbauten barocker Möbel liefert der Halleiner Bildhauer Jakob Adlhart, aus dessen Werkstadt auch das heute noch existierende Portal am damals neu geschaffenen Eingang des gänzlich umgestalteten Schlossparks stammte.

Nach Kriegsende war das Schloss Schauplatz für die Siegesfeier der Alliierten und wurde zum Hauptquartier der US-Militärverwaltung für die österreichische Besatzungszone. Nachdem das Schloss an das Land Salzburg restituiert wird "findet eine Eins-zu-eins-Nutzung statt," erklärt die Kunsthistorikerin Imma Walderdorff. "Also es wird überhaupt nichts verändert, sondern es wird als Gästehaus des Landes Salzburg und der Republik Österreich weiter verwendet."

Abendjournal vom 1.6.1975

Staatsbesuch im Schloss.

So finden etwa unter Bundeskanzler Bruno Kreisky Nahostgespräche zwischen US-Präsident Gerald Ford und dem damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat im Juni 1975 auf Schloss Kleßheim statt.

Seit 1993 ist das vom Mönchsberg abgesiedelte Casino Salzburg hier untergebracht.

Im Roulettesaal

Gestaltung und Text: Roman Tschiedl

Service

Ingrid Holzschuh, "Otto Strohmayr (1900 - 1945): Hitlers Architekt für die Neugestaltung der Stadt Salzburg im Nationalsozialismus", Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 41, Böhlau, 2015

Imma Walderdorff, "Schloss Kleßheim als Gästehaus von Adolf Hitler", Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs, Erscheinungstermin Herbst 2018

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