Flakturm von unten

ORF/JOSEPH SCHIMMER

1944

Flaktürme, Wien

In Wien stehen über die Stadt verteilt drei Flakturmpaare aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Sie bestehen jeweils aus einem Gefechts- und einem Leitturm und dienten der Abwehr und dem Schutz der Bevölkerung. Gebaut wurden sie zwischen 1942 und 1945 nach den Plänen des deutschen Architekten Friedrich Tamms.

Flak steht für Fliegerabwehrkanone

Hanna Ronzheimer

Feuerleitturm im Augarten, Wien 2

ÖNB/FREUND

Feuerleitturm im Augarten, 1945

Ute Bauer-Wassmann, Architekturhistorikerin und Leiterin des Interdisziplinären Forschungszentrums Architektur und Geschichte führt durch den Wiener Augarten und erzählt über die Geschichte der Flaktürme:

"Man hat die Bauplätze so ausgesucht, dass sie in der Nähe von Bahnhöfen gelegen waren, damit der Materialtransport gewährleistet ist. Ein weiteres Kriterium war, dass die Bauplätze ausreichend groß sind.

Wir stehen jetzt hier vor dem ehemaligen Leitturm im Augarten, der wurde um die Jahreswende 1943 und 1944 errichtet. Man hat versucht, Flakstellungen direkt in der Stadt aufzustellen und aufgrund der sie umgebenden Gebäude mussten die genauso hoch liegen wie die Dächer. Hier im Augarten haben wir die höchsten Türme von den sechs Exemplaren in Wien, sie sind 53 Meter hoch. Der Gefechtsturm und der Leitturm stehen in einiger Entfernung voneinander, wegen der Feuerentwicklung der Flakgeschütze. Diese hätten die Ortungsgeräte auf den Leittürmen beeinträchtigt.

Der Architekt war Friedrich Tamms, und man kann sagen, dass die Flaktürme in Berlin, Hamburg und Wien tatsächlich die Bauaufgabe seines Lebens dargestellt haben. Die Flaktürme sind Sichtbetonarchitektur, sie sind von den Nationalsozialsten nicht weiter entwickelt worden. Es gab zwar Pläne, sie nach dem sogenannten 'Endsieg' mit Marmor oder Naturstein zu ummanteln und zu Heldendenkmälern umzuformen, aber das ist nicht passiert.

Flakturm, Haus des Meeres

Leitturm im Esterhazypark mit dem Haus des Meeres

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Die Bauten sind von Zwangsarbeitern aus allen Teilen Europas und von Zwangsarbeitern aus der Sowjetunion errichtet worden. Zuständig dafür war das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition, Abteilung Rüstungsbau. Die Zwangsarbeiter waren hier in Wien in Lagern untergebracht. Am Donaukanal, an der Brigittenauer Lände und im vierten Bezirk im Freihaus. Es gibt allerdings bis heute keine einzige Gedenktafel, die sich mit dieser Geschichte beschäftigt.

  • Notizen auf Ziegelsteinen

    Graffiti im ehemaligen Leitturm Arenbergpark erinnern an Zwangsarbeiter, die diesen Turm währen der NS-Zeit errichtet haben.

    iFAG/MATYUS

  • Graffiti

    Per Zufall wurden während einer Kunstausstellung im Jahr 2006 die insgesamt 240 Graffiti im Leitturm entdeckt.

    iFAG/MATYUS

  • Schriftzüge auf Ziegeln

    Einige ausgewählte Graffiti wurden 2015 als Fotos in der Ausstellung "Graffiti im Flakturm - Spuren der Zwangsarbeit in Wien" im Wiener Künstlerhaus gezeigt.

    iFAG/MATYUS

  • Wandschriften

    Die meisten der Graffiti stammen von französischen und italienischen Zwangsarbeitern.

    iFAG/BAUER

  • Graffiti an der Wand: "Vive la France".

    "Vive la France" hat ein Arbeiter an die Wand geschrieben. Andere Graffiti zeigen Datumsangaben, Initialen und Zeichnungen von Flugzeugen und Panzern.

    iFAG/MATYUS

  • Leitturm Argenbergpark

    Leitturm Arenbergpark (Fotos des Interdisziplinären Forschungszentrums Architektur und Geschichte)

    iFAG/MATYUS

  • Leitturm Argenbergpark

    Leitturm Arenbergpark

    iFAG/LACKNER

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Die Türme wurden alle zur Luftabwehr genutzt, das war mal vorrangig, dass man diese in den Räumlichkeiten unterbringt und die Flakstellungen aufstellt, auch wenn der Turm im Innenausbau noch nicht fertig war hat man die Stellung am Dach installiert. Zweitwichtig waren Rüstungsbetriebe, die als kriegswichtig gegolten haben, die hat man untergebracht in sogenannten "bombensicheren Bauwerken", und an letzter Stelle fungierte dann der zivile Luftschutz, also die zivile Bevölkerung konnte diese Türme auch nutzen als Luftschutzbauten.

Leitturm Arenbergpark

iFAG/MATYUS

Im Leitturm Arenbergpark

Fünf der sechs Türme stehen nach wie vor unter Denkmalschutz, der Leitturm im Esterhazypark ist ausgenommen, weil die Umbauten für das Haus des Meeres zu umfangreich sind. Die Türme sind alle in unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen und in unterschiedlichen Zuständigkeiten. Der Leitturm im Arenbergpark wird von der Stadt Wien verwaltet, der Gefechtsturm im Arenbergpark von der BIG, die beiden Türme im Augarten von der Bundeshauptmannschaft und der in der Stiftskaserne vom Bundesheer. Der Leitturm im Esterhazypark wurde ja kürzlich um einen symbolischen Euro an den Verein Haus des Meeres übergeben. Zuvor war auch der im Eigentum der Stadt Wien.

Es gibt an keinem Ort ein Erinnerungszeichen, man kann nicht erfahren, unter welchen Umständen diese Gebäude errichtet wurden, zu welchem Zweck und vor allem nicht, von wem. Es stehen lediglich im Arenbergpark auf den Tafeln, die den Weg beschreiben, ganz wenige Informationen über die Entstehungsgeschichte, aber ansonsten vernachlässigt man diese Gebäude und hat sich nicht wirklich durchgerungen, sie ganz offensichtlich zu Mahnmalen zu deklarieren. Das müsste meiner Meinung nach geändert werden."

Geschützturm im Arenbergpark, Wien 3

1945: Geschützturm im Arenbergpark, Wien 3

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