ORF/JOSEPH SCHIMMER
1944
Flaktürme, Wien
In Wien stehen über die Stadt verteilt drei Flakturmpaare aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Sie bestehen jeweils aus einem Gefechts- und einem Leitturm und dienten der Abwehr und dem Schutz der Bevölkerung. Gebaut wurden sie zwischen 1942 und 1945 nach den Plänen des deutschen Architekten Friedrich Tamms.
18. September 2018, 05:00
Flak steht für Fliegerabwehrkanone
Hanna Ronzheimer
Teilweise Fertigstellung: 1944
Architektur: Friedrich Tamms
Adresse: 1020, 1030, 1060 Wien
ÖNB/FREUND
Feuerleitturm im Augarten, 1945
Ute Bauer-Wassmann, Architekturhistorikerin und Leiterin des Interdisziplinären Forschungszentrums Architektur und Geschichte führt durch den Wiener Augarten und erzählt über die Geschichte der Flaktürme:
"Man hat die Bauplätze so ausgesucht, dass sie in der Nähe von Bahnhöfen gelegen waren, damit der Materialtransport gewährleistet ist. Ein weiteres Kriterium war, dass die Bauplätze ausreichend groß sind.
Wir stehen jetzt hier vor dem ehemaligen Leitturm im Augarten, der wurde um die Jahreswende 1943 und 1944 errichtet. Man hat versucht, Flakstellungen direkt in der Stadt aufzustellen und aufgrund der sie umgebenden Gebäude mussten die genauso hoch liegen wie die Dächer. Hier im Augarten haben wir die höchsten Türme von den sechs Exemplaren in Wien, sie sind 53 Meter hoch. Der Gefechtsturm und der Leitturm stehen in einiger Entfernung voneinander, wegen der Feuerentwicklung der Flakgeschütze. Diese hätten die Ortungsgeräte auf den Leittürmen beeinträchtigt.
Der Architekt war Friedrich Tamms, und man kann sagen, dass die Flaktürme in Berlin, Hamburg und Wien tatsächlich die Bauaufgabe seines Lebens dargestellt haben. Die Flaktürme sind Sichtbetonarchitektur, sie sind von den Nationalsozialsten nicht weiter entwickelt worden. Es gab zwar Pläne, sie nach dem sogenannten 'Endsieg' mit Marmor oder Naturstein zu ummanteln und zu Heldendenkmälern umzuformen, aber das ist nicht passiert.
ORF/JOSEPH SCHIMMER
Die Bauten sind von Zwangsarbeitern aus allen Teilen Europas und von Zwangsarbeitern aus der Sowjetunion errichtet worden. Zuständig dafür war das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition, Abteilung Rüstungsbau. Die Zwangsarbeiter waren hier in Wien in Lagern untergebracht. Am Donaukanal, an der Brigittenauer Lände und im vierten Bezirk im Freihaus. Es gibt allerdings bis heute keine einzige Gedenktafel, die sich mit dieser Geschichte beschäftigt.
Die Türme wurden alle zur Luftabwehr genutzt, das war mal vorrangig, dass man diese in den Räumlichkeiten unterbringt und die Flakstellungen aufstellt, auch wenn der Turm im Innenausbau noch nicht fertig war hat man die Stellung am Dach installiert. Zweitwichtig waren Rüstungsbetriebe, die als kriegswichtig gegolten haben, die hat man untergebracht in sogenannten "bombensicheren Bauwerken", und an letzter Stelle fungierte dann der zivile Luftschutz, also die zivile Bevölkerung konnte diese Türme auch nutzen als Luftschutzbauten.
iFAG/MATYUS
Im Leitturm Arenbergpark
Fünf der sechs Türme stehen nach wie vor unter Denkmalschutz, der Leitturm im Esterhazypark ist ausgenommen, weil die Umbauten für das Haus des Meeres zu umfangreich sind. Die Türme sind alle in unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen und in unterschiedlichen Zuständigkeiten. Der Leitturm im Arenbergpark wird von der Stadt Wien verwaltet, der Gefechtsturm im Arenbergpark von der BIG, die beiden Türme im Augarten von der Bundeshauptmannschaft und der in der Stiftskaserne vom Bundesheer. Der Leitturm im Esterhazypark wurde ja kürzlich um einen symbolischen Euro an den Verein Haus des Meeres übergeben. Zuvor war auch der im Eigentum der Stadt Wien.
Es gibt an keinem Ort ein Erinnerungszeichen, man kann nicht erfahren, unter welchen Umständen diese Gebäude errichtet wurden, zu welchem Zweck und vor allem nicht, von wem. Es stehen lediglich im Arenbergpark auf den Tafeln, die den Weg beschreiben, ganz wenige Informationen über die Entstehungsgeschichte, aber ansonsten vernachlässigt man diese Gebäude und hat sich nicht wirklich durchgerungen, sie ganz offensichtlich zu Mahnmalen zu deklarieren. Das müsste meiner Meinung nach geändert werden."
ÖNB/FREUND
Service
Interdisziplinäres Forschungszentrum Architektur und Geschichte