Kaprun

VERBUND

1947

Kraftwerk Kaprun, Salzburg

Die Errichtung des Wasserkraftwerks Kaprun wurde zur Meistererzählung des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg. Doch unter dem Österreich-patriotischen "Mythos Kaprun" blieb das nationalsozialistische Fundament des Werks und damit eine Geschichte brutaler Zwangsarbeit jahrzehntelang verborgen.

Stahlgewitter aus Beton

Gestaltung: Roman Tschiedl

Schon in den 1920er-Jahren waren verschiedene Pläne zur energiewirtschaftlichen Nutzung der Wasserkräfte in den Hohen Tauern geschmiedet worden. Den Spatenstich für das Tauernkraftwerk Kaprun setzte aber Hermann Göring am 16. Mai 1938, wenige Wochen nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich. Die projektierte Bauzeit von zehn Jahren für das NS-Prestigeprojekt zerschlug sich aber bald an verschiedenen Faktoren.

Vor allem der gravierende Mangel an Arbeitskräften verzögerte den Baufortschritt immer wieder. Nach Kriegsbeginn verschleppte das NS-Regime daher auch tausende Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene nach Kaprun, die auf der Baustelle unter mörderischen Bedingungen ausgebeutet wurden.

Die Historikerin Margit Reiter zur Arbeiterschaft in Kaprun ab 1938.

Stausee Mooserboden und Moosersperre

Stausee Mooserboden und Moosersperre

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Während Hermann Göring im Mai 1938 noch musikalische Metaphern bemühte und von einer "Symphonie der Arbeit" schwärmte, die in den Hochtälern über Kaprun "brausen" werde, setzte sich nach 1945 die Sprachlogik des Krieges fast nahtlos im Reden über die Baustelle von Kaprun fort, wo "der Berg" mit Steinschlag und Lawinen "zurückschlug", während man ab 1946 mit Geldern des Marschall-Plans, dem European Recovery Program (ERP), auf dem "Kampfplatz" Kaprun statt Menschen nun die Natur unterwarf.

Zahlreiche Reportagen und Erzählungen von der Großbaustelle zementierten den "Mythos Kaprun" ab Anfang der 1950er-Jahre und wurden zur Abenteuerlektüre der Nachkriegszeit. Etwa Jürgen Thorwalds reißerisches Werk "Hoch über Kaprun", das als Fortsetzungsroman in der Münchner Illustrierten "Quick" erschien. Aber auch auf der Filmleinwand wusste man hochalpines Heldengarn zu spinnen. Den Auftakt gab 1949 "Weißes Gold" von Eduard Borsody, der als enger Mitarbeiter von Gustav Ucicky zuvor auch an NS-Propagandafilmen gearbeitet hatte. Zum Kassenschlager und zweifelsohne berühmtesten Kaprun-Film avancierte aber Anton Kuttners "Das Lied von Kaprun" aus dem Jahr 1954.

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Othmar Franz Langs Erfolgsroman "Die Männer von Kaprun" wurde sogar zum Lesestoff in den österreichischen Schulbüchern der Zeit und nahm dort, wie es 1955 im Hörspiel "Kaprun" des Gruppe 47-Autors Horst Mönnich heißt, jene Stellen ein, "an denen früher Kriegstaten verherrlicht wurden." Doch die "Arbeitsalltagsrealität in Kaprun hatte mit dem idyllischen Klischee von den "Männern von Kaprun" wenig gemeinsam", schreibt dazu die Historikerin Margit Reiter.

Margit Reiter zur Arbeiterschaft in Kaprun nach 1945.

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Nach dem Krieg war vor dem Krieg und Kaprun "eine Aufgabe die mit Blut bezahlt werden musste", wie der Wiener Vizebürgermeister Hans Mandl 1960 formulierte, als am Mooserboden ein Ehrenmal für jene kolportierten "165 Männer" - davon "121 Österreicher" - enthüllt wurde, die "in der Bauzeit tödlich verunglückt, Opfer der Arbeit wurden," wie Bruno Marek, der damalige Präsident des Aufsichtsrates der Tauernkraftwerke AG bei diesem Anlass sagte.

Das war fünf Jahre nach dem der "letzte Kübel Beton" das Werk am 12. August 1955 vollendet hatte und von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen wurde damals nicht gesprochen. Die umfassende Aufarbeitung dieser Geschichte und Entschädigungsverfahren für die NS-Zwangsarbeiter in Kaprun, ließen bis zur Jahrtausendwende auf sich warten.

Service

Margit Reiter, "Das Tauernkraftwerk Kaprun", in: Oliver Rathkolb, Florian Freund (Hg.), "NS-Zwangsarbeit in der Elektrizitätswirtschaft der "Ostmark" 1938-1945." Böhlau 2002
Elfriede Jelinek, "Das Werk", Burgtheater Wien 2002

Besucherzentrum Kaprun Hochgebirgsstauseen
Das Kraftwerk Kaprun

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