Dostojewski auf einem Buchcover

C.H. BECK

Ex libris

Dostojewski-Biografie von Andreas Guski

Nach mehr als 25 Jahren ist wieder eine Biografie in deutscher Sprache über den russischen Schriftsteller erschienen.

Bei vielen stehen seine Romane auf der langen Liste der ungelesenen Bücher, die man doch eigentlich gelesen haben sollte, darunter "Schuld und Sühne" oder "Die Brüder Karamasow". Nun könnte eine neue Biografie die Hemmschwelle überwinden helfen: Andreas Guski hat sie geschrieben, er ist emeritierter Professor für Slawische Philologie an der Universität Basel und einer der besten deutschen Kenner von Dostojewskis Werk.

Ein Grenzgänger

Andreas Guski zeigt in seiner Biografie einen Spieler und Hasardeur - nicht nur im wörtlichen Sinn, denn Dostojewski war spielsüchtig, sondern auch auf literarischer Ebene und der intellektuellen Diskurse seiner Zeit.

Fjodor Michailowitsch Dostojewski schrieb publikumswirksame, kriminalistische Romane, er war ein hervorragender Psychologe und Metaphysiker des Verbrechens, und er war ein Erneuerer der Literatur. Dostojewskij hat aber auch provoziert und polarisiert, das war ihm durchaus bewusst: "Immer und in allem gehe ich bis an die äußersten Grenzen, mein ganzes Leben lang habe ich diese Grenzen überschritten." Er war ein Mensch, der das Risiko liebte, so Andreas Guski, der den Russen in seiner Biografie als "Diskurszocker" bezeichnet:

"Er hat sich immer in Extrembereiche vorwagt." Andreas Guski

Auf dem Schafott

Das prägendste Erlebnis für den 1821 in Moskau geborenen Dostojewski war eine Scheinhinrichtung. Am Alter von 28 Jahren war er auf Grund seiner Mitgliedschaft bei einer frühsozialistischen Untergrundbewegung, die u.a. einen gewaltsamen Regimewechsel anstrebte, zum Tode verurteilt worden.

Als er unter Trommelwirbel auf das Schafott steigt und seinem Henker gegenübersteht erfährt er, dass das Todesurteil in Lagerhaft umgewandelt worden ist. Ein Erweckungserlebnis für Dostojewski, so Andreas Guski, denn der Blick in den Abgrund, der sich dem Schriftsteller bei dieser Scheinexekution offenbarte, sollte von nun an die Perspektive seines literarischen Schaffens bestimmen.

Geld und Sühne

1959 schrieb Albert Camus, nicht Marx, sondern Dostojewski sei der wahre Prophet des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Rolle, die Geld und Kapital in seinen Romanen spielen, ist heute noch von hoher Aktualität, sagt Andreas Guski:


In "Winterlichen Aufzeichnungen über Sommereindrücke" (1863), einem Werk, das außerhalb Russlands eher unbekannt ist, beschreibt Dostojewski am Beispiel Londons die Lage der arbeiteten Klasse in England eindringlicher als Engels in seinem berühmten Traktat, so Guski.

Service

Andreas Guski, "Dostojewskij - Eine Biographie", C.H. Beck Verlag

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