Zwei junge Frauen mit Koffer auf der Wiese

DPA/INGO WAGNER

Journal Panorama

Volle Betten - leere Küchen

Verzweifelte Suche nach Arbeitskräften im Tourismus - ein Lokalaugenschein in Wien, Oberösterreich und dem Salzburger Land.

Neuer Tourismusrekord im Mai und Juni: Die Nächtigungen sind um 4,3 Prozent gestiegen. Mehr Gäste erfordern mehr Personal – doch genau das ist für viele Wirte und Hoteliers seit langem ein Problem. Der Mangel an Köchen und Kellnerinnen wird immer gravierender. Mitten in der Hochsaison fehlen 4.743 Köche und Köchinnen und 8.569 Kellner und Kellnerinnen (Stand 31.7.), und auch Stubenmädchen und Abwäscher werden dringend gesucht. Besonders laut rufen die Tourismusbetriebe im Westen Österreichs nach Personal.

Wirte arbeiten oft sieben Tage pro Woche, und die angestellten Köche und Kellner/nnen arbeiten während der Hochsaison bis zur Erschöpfung. Das wiederum schadet dem Image der Tourismusbranche und hält Menschen davon ab, in die Gastronomie zu gehen.

Kellner Mario ist jung, flexibel und mobil. Doch nicht für alle Menschen ist es so einfach, weit weg von der Familie zu arbeiten.

JULIA SCHWABL

Dazu kommt ein Ungleichgewicht zwischen dem Osten und Westen Österreichs. Während die Tourismushochburgen vom Salzkammergut bis Vorarlberg dringend Personal brauchen, gibt es in Wien viele arbeitslose Menschen, die vorher in der Gastronomie tätig waren. Um dieses Ungleichgewicht abzubauen, will das Arbeitsmarktservice nun verstärkt überregional vermitteln.

Go West!

Bei Mario ging das ganz leicht. Er ist jung und flexibel. Vier Monate arbeitete er als Kellner auf einem Kreuzschiff. Dann kehrte er nach Wien zurück und meldete sich arbeitslos. Im April erhielt er einen Anruf aus dem Salzburger Land. Ob er sich vorstellen könne, in einem Hotel in Hinterglemm zu arbeiten. "Ich bin hingefahren, um mir alles anzuschauen", sagt Mario. "Zwei Wochen später habe ich hier zu arbeiten begonnen."

Angerufen hat ihn Andreas Dertnig, Personalmanager des Hotels Ellmauhof in Hinterglemm. "Ich sitze nicht im Büro und warte, bis sich jemand bei uns bewirbt", sagt Dertnig. "Wir suchen aktiv nach zukünftigen Mitarbeitern. Im Fall von Mario haben wir seine Kontaktdaten vom AMS bekommen: Er hat eine fundierte Ausbildung, war am Schiff, könnte zu uns passen – also habe ich ihn zur Bewerbung eingeladen."

New Skills

In Wien sind derzeit mehr als 5.600 Personen, die im Küchenbereich gearbeitet haben, arbeitslos gemeldet. Doch nur ein Teil von ihnen hat eine abgeschlossene Ausbildung. So haben nur rund 400 Personen von ihnen haben einen Lehrabschluss, weitere 400 sind Hilfsköche, während circa 3.800 Personen als Küchengehilfinnen gearbeitet haben.

Nun setzt das AMS Wien gemeinsam mit Betrieben der Bundesländer verschiedene Qualifizierungsmaßnahmen. "Wir beginnen gerade mit einem Screening aller Hilfsköche und -köchinnen", sagt AMS Wien-Leiterin Petra Draxl. "Außerdem prüfen wir, wer überregional vermittelbar ist. Dann wird geschaut, wer das Potential hat, Koch oder Köchin zu werden." In einem nächsten Schritt sollen auch die Küchengehilfen nach diesen Prinzipien geprüft und höher qualifiziert werden.

Eine andere AMS-Maßnahme heißt "New Skills", ein Projekt für Köche und Köchinnen mit einem Lehrabschluss, die aus der Gastronomie ausgestiegen sind und wieder zurückkehren möchten. New Skills-Trainerin Karin Kröss schildert das Erfolgsbeispiel einer Frau, die immer nur Hilfsköchin war und mit 59 Jahren den Lehrabschluss nachgeholt hat. "Durch ein Praktikum in Tirol hat sie die Möglichkeit bekommen, eine Saisonstelle in einem Altenwohnheim anzunehmen. Und weil sie so tüchtig ist, hat man ihr das Angebot einer Jahresstelle gemacht." Die Wienerin ist nach Tirol übersiedelt.

Gestaltung: Margarete Endl und Sandra Knopp