Die Nachtigall zwischen Farbtuben

BORIS STREUBEL

"Städtebeschimpfungen" von Thomas Bernhard

Preis der Deutschen Schallplattenkritik

Das Hörspiel "Städtebeschimpfungen" von Thomas Bernhard, eine Koproduktion von HR/BR/ORF, wurde mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Mit Peter Simonischek und Michael König, Regie: Götz Fritsch.

Die Jurybegründung lautet: "'Rouen, der Nachttopf Frankreichs', sagte Maupassant. Städtebeschimpfung ist ein nicht zu unterschätzendes Subgenre der Literatur, zu dem James Joyce, Thomas Mann und Marieluise Fleißer wichtige Beiträge leisteten. Dennoch überrascht es, dem einsamen Meister dieser Disziplin, Thomas Bernhard, ein so würdiges Denkmal errichtet zu sehen. Von 'Altaussee' bis 'Wien' reicht sein Schmäh-ABC, gezogen als Quersumme aus dem Gesamtwerk. Ingeniös zeigt Peter Simonischek, wie ein Sprecher überschäumen kann vor Gift, Galle und echter innerer Empörung. Die Amtskorrespondenz, die sich um manche Affäre rankt ("Morgen Augsburg!"), findet in Michael König eine Stimme von lachhafter Belegtheit und Enge. Auf seine lakonische Essenz heruntergekocht, lehrt Bernhard die ultimative Leichtigkeit der Weltverächtung. Köstlich."

Thomas Bernhard

APA/ERIKA SCHMIED/HPK

"Ich gehöre zu den Menschen, die im Grunde keinen Ort auf der Welt aushalten, und die nur glücklich sind zwischen den Orten, von denen sie weg- und auf sie zufahren", schrieb Thomas Bernhard (geboren 9. Februar 1931 in Heerlen, Niederlande; gestorben 12. Februar 1989 in Gmunden) in "Wittgensteins Neffe".

Eine einzige stumpfsinnige Niederträchtigkeit

"Die Stadt Wien ist eine einzige stumpfsinnige Niederträchtigkeit", heißt es in "Heldenplatz" und "In Graz muss niemand gewesen sein". Und Altaussee? "Altaussee habe ic h immer gehasst. ... Ich weiß schon, warum ich in Altaussee keine Luft bekomme. Es ist nicht nur wegen der Berge. Es ist wegen der vielen Nazis, die dort ansässig sind. Die schönsten Gegenden Österreichs haben immer die meisten Nazis angezogen: Salzburg, Gmunden, Altaussee." (aus "Elisabeth II.").

Raimund Fellinger, langjähriger Lektor bei Suhrkamp, hat aus unterschiedlichen Werken Thomas Bernhards dessen "Städtebeschimpfungen" kompiliert. Peter Simonischek liest Bernhards Beschreibungen von Altaussee, Bad Gastein, Bad Ischl, Bruck an der Leitha, Goldegg-Wenig, Graz, Innsbruck, Kitzbühel, Krottendorf bei Weiz, Leoben, Linz, Mattighofen, Salzburg, Schwarzach und Wien. Michael König ergänzt Reaktionen der Zeitgenossen.