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Neue Therapieansätze in der Psychoneuroimmunologie

Die beglückende Chorprobe oder der Streit mit dem Lebenspartner sind Ereignisse, die sich in den Stoffwechselprozessen eines Menschen abbilden. Sein oder ihr Immunsystem spiegelt sozialen und psychischen Befindlichkeiten wieder. Diese Erkenntnis der Psychoneuroimmunologie haben neue Forschungsansätze in der Medizin eröffnet.

Das Wissen, dass Nerven-, Hormon- und Immunsystem ein komplexes Netzwerk darstellen, verlangt nach einem systemischen Ansatz in der Behandlung von Krankheiten. Im Fokus der Wissenschaftler sind Autoimmunerkrankungen wie die Rheumatoide Arthritis.

"Jede Erkrankung kann potenziell durch psychologische Prozesse hervorgerufen werden."

"Wir wissen aus der Psychoneuroimmunologie, dass Stress, dass Lebensbelastungen, einen enormen Einfluss haben auf die Entzündungsaktivität bei Rheumatoider Arthritis. Wir kennen die Wirkwege und wissen, dass Psyche und Immunsystem derart miteinander vernetzt sind, dass jede Erkrankung potenziell durch psychologische Prozesse hervorgerufen werden kann, " erklärt der Psychoneuroimmunologe Christian Schubert von der medizinischen Universität Innsbruck.

Finanziert vom Deutschen Innovationsfond hat Christian Schubert in Zusammenarbeit mit Kurt Zänker und seinem Team von der Universität Witten Herdecke ein Projekt in die Wege geleitet, in dessen Rahmen ein neues Therapiekonzept für diese Patientengruppe entwickelt werden soll: PETRA – Personalisierte Therapie bei Rheumatoider Arthritis.

"Wir wollen den Menschen eine biopsychosoziale Sichtweise ihrer Erkrankung vermitteln."

Das Setting des Projektes: 200 Patientinnen und Patienten erhalten in Kleingruppen zwei Mal die Woche über sechs Monate lang psychotherapeutische Beratung. Informiert werden die Patienten, wie Psyche und Immunsystem in Verbindung stehen und dass mit Ernährung und Bewegung entzündliche Prozesse im Körper gehemmt werden können.

"Und dann nähern wir uns langsam den heißen Eisen an, den Stressfaktoren. Es werden Übungen mit den Patienten gemacht, um sie in Selbstverantwortung zu bringen. Das übergeordnete Ziel ist, dass wir sie raus bringen wollen aus einer Passivität. Wir wollen den Menschen eine biopsychosoziale Sichtweise ihrer Erkrankung vermitteln und damit den Rahmen für eine Psychotherapie öffnen ", sagt Schubert.

"Ob damit auch Regenerationsprozesse eingeleitet werden ist Teil des Forschungsvorhabens."

Denn Autoimmunerkrankungen, so vermuten die Forscher, haben viel mit Autoaggression zu tun. Also: unterdrückter Wut und Zorn, die Patienten gegen sich selbst richten. Dieses Thema lässt sich nur in einer Psychotherapie aufarbeiten. Vor, -während, - und nach der Behandlung werden durch regelmäßige Blutabnahmen auch biologische Parameter überprüft, die für die Rheumatoide Arthritis sowie das Immunsystem signifikant sind. Parallel dazu erhalten die Patienten Fragebögen, die klären sollen, ob und welche konflikthaften Lebensereignisse nachhaltig ihre Lebensqualität beeinträchtigen.

Das Forscherteam hofft so, laut dem Psychoneuroimmunologen Christian Schubert, "die Entzündung runter zu regulieren": " Damit lässt sich die Medikamenteneinnahme verringern und der Krankheitsprozess zumindest stabilisieren. Das wäre schon ein großer Erfolg. Ob damit auch Regenerationsprozesse eingeleitet werden, indem die Selbstheilungskräfte der Patienten aktiv sind, ist Teil des Forschungsvorhabens."

Basierend auf den Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie ist das Ziel, den Patienten ein Instrument in die Hand zu geben, wie sie mit ihrer Krankheit besser leben können. Nach Abschluss der Projektphase soll PETRA bei Erfolg in die Regelversorgung der deutschen Gesundheitsvorsorge aufgenommen werden.

Service

Medizinische Universität Innsbruck - Innovatives Großprojekt: Personalisierte Therapie bei Rheumatoider Arthritis (RA)

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