Blick in die Ausstellung "Der Katalog" aus dem Jahr 1999

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Wissensspeicherung

Digitalisierung an Bibliotheken

Die Rolle von Bibliotheken in der Gesellschaft ändert sich grundlegend. Die digitale Revolution macht Bibliotheken zunehmend zu Hybrid-Bibliotheken, die neben dem wertvollen Kulturerbe aus Papier, das sie umfassend digitalisieren, auch immer mehr "born digital"-Medien sammeln. Die europäischen Nationalbibliotheken sind gezwungen, ihre Arbeitsprozesse und ihr Selbstverständnis zu reflektieren. Der Alltag der Wissensspeicherung hat sich geändert, schildern internationale Museumsfachleute.

Mittagsjournal | 17 12 2018

Sabine Oppolzer

Wo man früher in Zettelkatalogen wühlte und dann tagelang auf die Ausgabe eines Buches warten musste, genügt heute ein Mausklick. Wissenschaftliche Publikationen entstehen zunehmend digital, weil das schneller geht und weniger kostet.

Wer hat vor 200 Jahren abgeschrieben?

Ralf Stockmann, der an den Staatsbibliotheken zu Berlin für das Innovationsmanagement zuständig ist, erklärt, dass Wissenschaftler heute zuerst in Wikipedia oder Google nachschlagen. "Früher haben wir uns über Wikipedia und Google lustig gemacht - diese Zeiten sind jetzt vorbei. Das darf man keinesfalls ignorieren, wenn man sich heute fragt: wie entsteht eigentlich Information?"

Immer besser wird die Vernetzung und auch die Volltextsuche. Das wird noch interessante Einblicke in die Wissenschaftsgeschichte ermöglichen. Man wird herausfinden, wer vor 200 Jahren voneinander abgeschrieben hat. Unsere Helden der Wissenschaft werden entlarvt werden und zwar in nicht allzu langer Zeit. Mit relativ simplen Algorithmen werden wir ihnen auf die Schlicke kommen, wie Ralf Stockmann sagt.

Weniger demokratisch als angenommen

Interessant ist auch, dass die digitale Welt gar nicht so demokratisch zugänglich ist, wie gemeinhin angenommen wird, sagt die Medienhistorikerin Monika Dommann, die an der Universität Zürich unterrichtet: "Diese Zugänglichkeit ist ein Witz! Viele Bestände, die sich im digitalen Raum befinden, sind durch Passwörter geschützt und nur jenen zugänglich, deren Bibliotheken die Abo-Gebühren zahlen. Daher gibt es unter Wissenschaftlern eine Tauschbörse - man tauscht Passwörter." Domman sagt, sie bekomme oft Anfragen von Wissenschaftlern aus Deutschland, wo Bibliotheksetats weggespart wurden, ob sie ihnen ihren Account zur Verfügung stellen könne.

Als großes Plus der digitalen Welt erlebt Monika Dommann die Flut an Bildern und Tönen, mit der die ehemals textzentrierte Wissenschaft nun um einige Dimensionen reicher ist. Trotzdem warnt sie vor allzu großer Euphorie bei technologischen Revolutionen. Sie gestalten sich oft anders, als ursprünglich angenommen und verweist auf die Revolutionierung der Speicherung durch Mikrofilme, eine Revolution, die sich nach etwa 50 Jahren als Täuschung herausstellte. Die ursprüngliche Hoffnung war: dann kann man Platz sparen und wir brauchen das alte Trägermedium nicht mehr.

Steintafeln und Papier sind unschlagbar

Tatsächlich sind die Mikrofilme viel weniger beständig als angenommen. Bis heute lässt das Wundermedium auf sich warten. Disketten, CDs, DVDs Festplatten, Sticks und andere Trägermedien zeichnen sich bis heute dadurch aus, dass sie oft schon nach zehn bis dreißig Jahren nicht mehr lesbar sind. Unschlagbar in Bezug auf Haltbarkeit sind Steintafeln oder das Papier mit einer Haltbarkeit von mehreren hundert Jahren. Philosophisch interessant ist, dass gerade in einer schnelllebigen Welt die Langzeitarchivierung ein so bedeutendes Thema wird.

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