NG/AP/ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG
Reformerin der Universitätslandschaft
Hertha Firnberg
Sie war die erste Ministerin Österreichs unter Bruno Kreisky für das neu ins Leben gerufene Ministerium für Wissenschaft und Forschung. Firnberg setzt den freien Hochschulzugang für alle Studierenden durch, schafft Stipendien und Schülerfreifahrten.
7. November 2019, 10:51
Dr.in Dr.in Hertha Firnberg wurde 1909 in Wien Währing geboren. Aufgewachsen ist sie in Niederrußbach, Niederösterreich. Dr.in Dr.in Hertha Firnberg verstarb 1994 in Wien. Sie gilt als Reformerin der österreichischen Universitätslandschaft, die sich für den Forschungsfortschritt einsetzt.
„Was wir in der nächsten Zeit machen müssen, das ist keine Politik der kleinen Schritte und der kleinen Wünsche und der kleinen Kompromisse, sondern das ist der weite Horizont einer neuen Gesellschaftsordnung, in der Frauen die ihnen zukommende Rolle spielen müssen.“
1920 wurde sie durch besondere Befürwortung des sozialdemokratischen Schulreformers Otto Glöckels in der Deutsche Oberschule der Bundeserziehungsanstalt in Wien Währing aufgenommen.
Weitreichend bekannt wurde die "Frau Dr.in Dr.in" zwar in der 2. Republik, doch sie war bereits in der 1. Republik aktiver Teil der erste Frauenbewegung.
1926 Eintritt in den Bund Sozialistischer Mittelschüler. 1928 Studium der Rechtswissenschaften. Auf die Drohung eines Professors, keine Frauen durch die Examen kommen zu lassen, bricht Firnberg das Jus-Studium ab. Dann Studium der Geschichte und Wirtschaftsgeschichte mit Auslandsaufenthalt in Freiburg. Sie tritt dem Verband sozialistischer Studenten sowie schlussendlich der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei, bevor sie 1936 promoviert.
Als Frau hat sie im Ständestaat und als Vierteljüdin in der darauffolgenden NS-Zeit wenig Chancen, politisch etwas zu erreichen. So wird sie mit der Geschäftsführung des "Wiener Weltmode Verlags" betraut und wird Bilanzbuchhalterin der städtischen Bestattung.
Es folgen populärwissenschaftliche Beiträge und Lehraufträge in der Erwachsenenbildung.
In der 2. Republik 1947 tritt sie dem Bund sozialistischer Akademiker bei und wird
1948 Bibliotheksleiterin am Institut für Wirtschaftsgeschichte.
Ihre Bewerbung zur Abteilungsleiterin der Wiener Arbeiterkammer, die, was damals weithin bekannt war, von Männern besetzt und geleitet war, wird abgelehnt. Dafür nimmt die Niederösterreichischen Arbeiterkammer Firnberg gerne auf.
1959 ist sie im Bezirksparteivorstand in Favoriten und zieht in den Bundesrat ein.
Mitglied der österreichischen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates 1959–1970.
1963 Einzug in den Nationalrat
1969 Vorsitzende der Sozialistischen Bundesfrauen und Gründung des Österreichischen Frauenrings gemeinsam mit Lola Solar.
1970 Die erste Ministerin Österreichs unter Bruno Kreisky für das neu ins Leben gerufene Ministerium für Wissenschaft und Forschung mit 61 Jahren. Da man gesetzlich das Amt nur bis zum 60. Lebensjahr bekleiden kann, wird für Firnberg eine Extraklausel ins Leben gerufen. 1972 setzt sie den freier Hochschulzugang für alle Studierenden durch, schafft Stipendien und Schülerfreifahrten.
Eine Hochschulreform 1975 bringt das UOG hervor, das mit der Regelung der Drittelparität die Organisation der Universitäten demokratisiert (auch Assistenten und Studenten haben bei Berufung von Professoren mitzuentscheiden) und lässt Firnberg zur Reformerin der österreichischen Universitätslandschaft werden, die sich für den Forschungsfortschritt einsetzt.
1976 zieht Bruno Kreisky Hannes Androsch bei der Ernennung zum Vizekanzler Firnberg vor, obwohl sie die logische Nachfolgerin gewesen wäre.
In ihren Aufgabenbereich fiel des Weiteren die Modernisierung der Bundesmuseen. Im Zuge dessen wurde 1982 begonnen, an den Plänen des heutigen Museumsquartierst zu arbeiten.
"Ich sehe vor allem die Gefahr, dass wir die Menschen ganz überflüssig beunruhigen und ängstigen, ohne dass wirklich schon etwas entschieden ist. Ich bin dafür, dass man den Menschen die Möglichkeiten zeigt, aber ohne diese Emotionen, die jetzt überall auftreten. Dagegen wende ich mich. Man sollte politische Lösungen finden und präsentieren. In Alternativen natürlich. Und dann erst in die Öffentlichkeit gehen. Aber nicht die Leute dadurch beunruhigen, dass heute so und morgen so gesprochen wird. Das halte ich für kritisch und auch gefährlich für die Demokratie."
"Freiheit der Wissenschaft ist kein Privileg einer elitären Gruppe, sondern sie gilt für alle, die an Wissenschaft und Forschung mitwirken."
"Lieber wäre es uns Frauen, wenn eine sozialistische Regierung auch Frauen miteinschließt. Aber es geht nicht darum, irgendeine Frau in der Regierung zu haben. Sondern es geht darum, die richtige Frau am richtigen Regierungsplatz zu haben."
"Wir leben in einer Welt von Männern, für Männer gemacht!”
"Volle Integration der Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft als gleichgestellte Partner! Frauen dürfen nicht das Fußvolk der Arbeitswelt, nicht Randschichten am Arbeitsmarkt sein, die man holt, wenn Verknappungen vorliegen, und zurück zum Herd schickt, wenn Arbeitsmarktreserve anderer Art sich anbietet!”
"Auch die Frauen haben Anspruch auf die Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Das ist ein Menschenrechtsanspruch, der in unserem sozialistischen Programm verankert ist. Menschsein heißt ja Zeit haben, Doch die Frauen haben keine Zeit”.