Eugenie Schwarzwald

GEMEINFREI/ORF/ISABELLE ORSINI-ROSENBERG

Pionierin der Frauenbildung

Eugenie Schwarzwald

Sie war Bildungsaktivistin, Sozialreformerin und Salonière. Eugenie Schwarzwald übernahm 1901 das sogenannte “Jeiteleum”, ein privates Frauen-Lyzeums, wo sie “Gymnasialkursen” einführte, um Mädchen auf die Matura vorzubereiten. 1910 etablierte sie das “realgymnasialen Mädchenmittelschule“, das Mädchen in Naturwissenschaften ausbildete

Dr.in Eugenie Schwarzwald wurde 1872 als Tochter der jüdischen Familie Nussbaum in Polupanowka in Galizien geboren und verstarb 1940 in Zürich.
Die Volksschule besuchte sie teilweise in Wien. 1891 brach sie die Lehrerinnenausbildung in Czernowitz ab und studierte daraufhin ab 1895 Germanistik mit den Nebenfächern Anglistik, Philosophie und Pädagogik in Zürich. Nur dort war Frauen zu dieser Zeit ein Studium möglich.

“Langweile ist ein Gift, welches Kindern nicht einmal in der kleinsten Dosis gereicht werden darf."

Als Lehrerin bekam Dr.in Eugenie Schwarzwald erstmals im “Volksheim” im Wiener Ottakring die Gelegenheit, am Wochenende die Arbeiterschaft zu unterrichten. 1901 übernahm sie das sogenannte “Jeiteleum”, des privaten Frauen-Lyzeums Eleonore Jeitels am Franziskanerplatz im ersten Wiener Gemeindebezirk, wo sie
“Gymnasialkursen” einführte, um Mädchen auf die Matura vorzubereiten. Prinzipiell kann man von Schwarzwald sagen, dass sie ihre Ideen einfach umsetzte. Meistens ohne die entsprechende Bewilligung vom k.k. Ministerium für Unterricht und Cultus zu besitzen. So wollte sie lange Zeit selbst Direktorin ihrer Schule sein, was Frauen nicht so leicht gestattet wurde. Das Ministerium berief sich auf ihre in der Schweiz erworbene Ausbildung, die in Österreich nicht anerkannt wurde. So kam es, dass
1905 ihrer Schule ein Mann, Ludwig Dörfler, als Direktor vorgesetzt wurde.
1908 machte sie den Vorschlag, aus ihrem Lyzeum ein “Mädchenreformgymansium” zu machen und eröffnete den ersten Jahrgang noch bevor die Bewilligung eintraf.
1910 etablierte sie das “realgymnasialen Mädchenmittelschule“, das Mädchen in Naturwissenschaften ausbildete und somit auf ein Hochschulstudium vorbereitete.
An ihrer Schule war der LehrerINNENanteil vergleichsweise überdurchschnittlich hoch.
In ihrem Haus in der Josefstädterstraße 68 im 8. Wiener Gemeindebezirk führte sie einen Salon, bei dem ihre Schülerinnen und Lehrerinnen mit Größen wie Hans Kelsen, Adolf Loos, Peter Altenberg oder Oskar Kokoschka zusammentrafen. Einige der Größen unterrichteten mitunter in ihrer Schule.
1916 sprach sich Schwarzwald, unterstützt von Hans Kelsen, für einer Rechtsakademie für Frauen aus und forderte eine chemisch-technologische Frauenfachschule.
Ihre Pläne, eine Landschule am Semmering zu errichten, fallen dem Ersten Weltkrieg zum Opfer. Ziel war es, Schüler aus allen Ländern Europas und allen Klassen „zu Kulturmenschen zu erziehen.“
In der Kriegszeit ruft Schwarzwald Sozial- und Selbsthilfeinitiativen ins Leben: So 1917 das Projekt der “Gemeinschaftsküchen”, das 1923-27 als “österreichische Freundeshilfe” sogar nach Berlin gebracht wird. 1922 wird ihre umfassende Sozialarbeit (u.a. Wiener Kinder aufs Land, Kinderheime, Kurse für Obdachlose, Greisenhilfe durch die Jugend, Gemeinschaftsküchen) unter dem Namen “Schwarzwald’sches Wohlfahrtswerk” unter einen Hut gebracht.
Ab 1918 verfasst Schwarzwald vermehrt Feuilletons in Wiener Tageszeitungen. 1938 muss Schwarzwald aufgrund ihrer jüdischen Herkunft über Dänemark in die Schweiz emigrieren.

" Ich wollte eine Schule, die ich mir gewünscht hatte, wenigstens anderen verschaffen.”

“Zu einem besonderen Verdienst rechne ich mir die Organisierung der Mädchengymnasialkurse an, womit ich mit bedeutenden materiellen Opfern der Sache der höheren Frauenbildung sowohl wie der Frage der allgemeinen Gymnasialreform zu dienen hoffe.”

“Ich gestatte mir auch darauf hinzuweisen, wie demütigend es für mich, eine akademisch gebildete, nunmehr auch praktisch erfahrene und erprobte, um die Mädchenschule verdiente Frau, wäre, wenn ich einen weder an allgemeiner noch an fachlicher Bildung, noch an Erfahrung mir überlegen, ja in den Spezialitäten der Mädchenschulen mir jedenfalls nicht vergleichbaren Mann an die Spitze meiner Anstalt deshalb stellen müsste, weil mir durch Zufälle der Geburt und Einrichtungen, für die ich nichts kann, ein österreichisches Zeugnis für eine übrigens nachgewiesene Qualifikation mangelt.”

“Man trat aus der Schule aus. Befreit, doch freudlos. Nichts Böses war geschehen. Keine bleibenden Schädigungen, wie die, von denen Strindberg oder Leonhard Frank zu berichten wissen, waren vorgekommen. Das Trostlose war, dass eben gar nichts geschehen war. Weder grausame noch übelwollende Menschen waren am Werk gewesen. Dennoch waren zwölf Jahre ins Meer der Vergangenheit versunken, ohne Glanz, ohne Aufschwung, ohne Heiterkeit, ohne wirkliche geistige Förderung, ohne Anknüpfung von Freundschaften, ohne Bildung einer Gemeinschaft.”

“In Zürich fand ich keine jungen Mädchen. Um hier zu studieren, musste man einen Knax haben. Vorher fing man nicht an. Man kam zum Studium aus unglücklicher Liebe, aus Weltschmerz oder, und das war das Schlimmste, aus Grundsatz. Jedes Mädchen, welches mit Mühe und Not Matura gemacht hatte, war nämlich ein Pionier. Lauter Brünhilden. Jeder Ausspruch trug Harnisch. Alle wollten sie’s den Männern endlich zeigen. Ob sie sezierte, ob sie Phonetik trieben oder vor einer Retorte standen, immer waren sie Priesterinnen und handelten in einer Mission. Immer galt es, etwas vorzustellen, jemanden zu überzeugen, zu übertrumpfen. Wer seine Verachtung für Männer am besten in Kleidung und Haltung auszudrücken verstand, wurde Präsidentin des Studentinnenvereins. Jeden ersten Mittwoch im Monat ging eine Abordnung zum Rektor, um sich zu beklagen, dass der Professor der Romanistik, der seit vierzig Jahren vortrug, alter Gewohnheit gemäß noch immer ‘meine Herren’ sagte, obgleich unter seinen 150 Hörern auch drei Mädchen saßen. Sie waren so brennend gern Männer gewesen, wollten sich aber durchaus nicht so ansprechen lassen. Es war ein Jammer.”

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