Giuseppe di Stefano, Maria Callas, Herbert von Karajan, Rolando Panerai

Giuseppe di Stefano, Maria Callas, Herbert von Karajan, Rolando Panerai - ÖNB

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In memoriam Rolando Panerai

Er war der Letzte, der noch mit Maria Callas Hauptrollen gesungen hatte: Wenige Tage nach seinem 95. Geburtstag ist der bis ins höchste Alter künstlerisch aktive Bariton Rolando Panerai in Florenz verstorben.

64 Jahre lang stand er, der bereits Kollege von Größen wie Ettore Bastianini, Carlo Bergonzi, Giuseppe di Stefano, Renata Tebaldi gewesen war, singend auf der Bühne! Die mit Wohlklang gesättigte Stimme von Rolando Panerai, die beim ersten Ton aus hunderten anderen herauszuhören war, ist in einer Fülle gefeierter und immer wieder neu aufgelegter Plattenaufnahmen dokumentiert; die scheinbare "Lässigkeit", mit der er sängerische Hürden auch in der Live-Situation nahm, war legendär.

Komödiant und Belcantist

Mittagsjournal | 24 10 2019

Susanna Dal Monte

Panerais Repertoire fokussierte auf die großen Italiener des 19. Jahrhunderts, Bellini, Rossini, Donizetti, Verdi; Ausflüge ins 20. Jahrhundert und zu Wagner blieben Ausnahmen. Und Rolando Panerai war Komödiant: Sein Ford - mitunter auch der Falstaff selbst - in Verdis "Falstaff", später Puccinis "Gianni Schicchi": eine Klasse für sich!

Die mollige und doch immer etwas trockene Fülle, um so einen Beschreibungsversuch zu unternehmen, die für die Gesangsvergangenheit Begeisterte an Rolando Panerai so schätzen, war bereits in Ausprägung, als der Sänger 1951 in mehreren Aufnahmen des Verdi-Komplettzyklus mitwirkte, den das Italienische Radio im Verdi-Gedenkjahr auf die Beine stellte und der Sprungbrett für einige Junge werden sollte.

Der Musikwelt ein Geschenk

Besonders effektvoll und "stimmig" ist er wenig später eingefangen, in der von Altmeister Tullio Serafin geleiteten Pioniereinspielung der "Puritaner" von Bellini - an sich ein "Vehikel" für das Starduo Maria Callas/Giuseppe di Stefano, das durch Rolando Panerai aber nicht selten zum Trio ergänzt wurde, so auch in einem Studio-"Troubadour" der späteren 1950er Jahre mit Herbert von Karajan am Pult.

Von diesem Punkt an lässt sich ein weiter Bogen spannen. Karajan sah darauf, Panerai so oft es ging als Marcello in der "Boheme" von Puccini zu engagieren: noch in Karajans Mailänder Scala-Zeit, bei der Parallelaktion an der Wiener Staatsoper und dann in den 1970er Jahren im Berliner Plattenstudio, gemeinsam mit - nächste Sopran-Tenor-Generation! - Mirella Freni und Placido Domingo. Und weiter: als in den 1980er Jahren bei den Salzburger Festspielen wieder einmal Verdis "Falstaff" anstand, gab es für Karajan bei der Besetzung des Ford (neben Falstaff Giuseppe Taddei) keine bessere Wahl als Rolando Panerai, so wie bereits 1957 am selben Ort (neben Falstaff Tito Gobbi).

Lebensoper "Falstaff"

Überhaupt: "Falstaff" - eine "Lebensoper" für Panerai, in der er beide großen Baritonpartien "drauf" hatte. Wovon aus sich ein weiterer Bogen spannt zu den späten Auftritten von Panerai, dem gebürtigen Florentiner (!), als Gianni Schicchi in Puccinis Buffa.

Wenn Rolando Panerai, der zu seinem 90er ein letztes Mal vor großem Auditorium gesungen hatte, danach hie und da aus seiner Vergangenheit erzählen ließ, dann geschah dies mit dem tragenden Organ des Sängers, aber vollkommen attitüdefrei, bescheiden, liebeswürdig, humorvoll. Ein Video kursiert von einer Gesangs-Meisterklasse in Fiesole diesen Februar: Panerai mag ein bissl kleiner geworden sein und ein bissl gebeugter und ein bissl grauer, aber er war es voll und ganz. Noch im April konnte man ihn als Regisseur von - wiederum - "Gianni Schicchi" erleben, im schönen Opernhaus von Genua. Ihm waren die Sterne gewogen; er war der Musikwelt ein Geschenk.

Service

YouTube - Meisterklasse in Fiesole (italienisch)
The New York Times - Rolando Panerai, Renowned Baritone and Callas Collaborator, Dies at 95
Classical Singer magazine - The Expansive Career of Baritone Rolando Panerai
Bruce Duffie - Interview with Rolando Panerai, 1996

Gestaltung

  • Chris Tina Tengel