Bibiana Beglau (Thusnelda), Markus Scheumann (Hermann) während einer Probe des Stückes "Die Hermannsschlacht"

APA/BURGTHEATER/MATTHIAS HORN

Theater

"Die Hermannsschlacht" am Burgtheater

Mit Heinrich von Kleists "Hermannsschlacht" legt Burgtheaterdirektor Martin Kusej heute seine erste eigens für Wien inszenierte Premiere der neuen Saison vor. Kein unproblematisches Stück, das Kleist 1808 geschrieben hat und das erst 30 Jahre später in Niedersachsen uraufgeführt wurde.

Morgenjournal | 28 11 2019

Katharina Menhofer

Von den Nazis wurde das Stück um die historische Schlacht im Teutoburger Wald, wo die Germanen die Römer besiegten, gefeiert, nach dem Krieg wurde es kaum mehr gespielt. Die letzte legendäre Inszenierung Anfang der 1980er Jahre stammte von Claus Peymann. Kusej besetzt Markus Scheumann und Bibiana Beglau als Hermann und seine Frau Thusnelda.

Kutlurjournal | 28 11 2019 | Martin Kusej im Interview

Katharina Menhofer

Einigen mag sie noch als dunkel anstrengende Schullektüre in Erinnerung sein: "Die Hermannsschlacht" - jene 2.000 Jahre alte Geschichte vom historischen Sieg des germanischen Cheruskerführers Arminius über die Römer im Teutoburger Wald, die Kleist vor 200 Jahren niederschrieb.

Politisch deutungselastisch

"Als ich das Stück gelesen hab, hab ich gedacht, meine Güte das ist ja perfekt", sagt Regisseur Martin Kusej. Er habe einen untrüglichen Instinkt für Stücke, in die er sich verbeißen wolle. In diese Kategorie - "les‘ ich, haut mich um, löst etwas in mir aus" - gehöre eben auch "Die Hermannsschlacht".

Heil sag ich Hermann dir, dem Retter von Germanien

Wenige Stücke erweisen sich politisch so deutungselastisch wie "Die Hermannsschlacht". Schon für Kleist war die Verarbeitung des Hermann-Mythos eine Reaktion auf die gerade erlittene Niederlage der Preußen gegen Frankreich, vielleicht sogar ein Aufruf zum Widerstand gegen Napoleon. Die Nazis feierten das Stück als germanisches Heldenepos und setzten das Stück allein in der Spielzeit 1933/34 146 mal auf den Spielplan.

Und Claus Peymann zeigte in seiner legendären Inszenierung mit Gert Voss und Kirsten Dene, den Hermann als Partisanenführer mit Che-Guevara-Mütze. Vieles ließ Peymann damals weg, manches verharmloste er, so Markus Scheumann, der den nun Hermann spielt.

Bruder im Geiste aller Machtmenschen

Ganz anders will Kusej das Stück heute politisch gedeutet wissen: "Die Hauptfigur Hermann ist ein Bruder im Geiste aller Machtmenschen, aller Lügner, aller Fake-News-Populisten, die wir in unserer politischen und gesellschaftlichen Situation vorfinden."

Hermann setzt sich über die Werte der Aufklärung und des Humanismus hinweg und benutzt seine gesamte Umgebung für seine Zwecke. Einschließlich seiner blonden Frau Thusnelda, gespielt von Bibiana Beglau, die am Ende ihren römischen Liebhaber von einer Bärin zerfleischen lässt.

Eingeweide, Blut und Körperteile

Zwei der grausamsten Szenen der Theaterliteratur finden sich in der "Hermannsschlacht", die am Burgtheater auch zur Materialschlacht wird. 17 Darsteller sind im Einsatz, jede Menge Eingeweide, Blut, Körperteile und ein Auerochse kommen zum Einsatz, und Martin Zehetgrubers Wald aus Beton-oder Knochen-Wellenbrechern wirkt martialisch. Erst bei genauerem Hinsehen, erweist sich der Beton als poröses Knochenmaterial. Gute Stücke lassen sich zu jeder Zeit anders nutzen, sagt Kusej. Seine Auslegung der "Hermannsschlacht" hat heute im Burgtheater Premiere.

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