
APA/BURGTHEATER/MATTHIAS HORN
Burgtheater
Uraufführung von "Dies Irae"
Weltuntergangsszenarien - von den Urvölkern bis zur aktuellen Klimakatastrophe, von der Offenbarung des Johannes bis hin zu Popsongs, von der Orestie bis zu Nietzsche -, darum kreist die Endzeitoper "Dies Irae", die am Donnerstag im Burgtheater ihre Uraufführung erlebt. Der deutsche Regisseur und künftige Volkstheaterleiter Kay Voges hat das Werk gemeinsam mit dem amerikanischen Komponisten Paul Wallfisch entwickelt. Schon im Vorfeld hat das Stück für mediale Aufregung gesorgt, weil darin Live-Sexszenen zu sehen sind.
19. Jänner 2020, 02:00
Morgenjournal | 19 12 2019
Das Ende naht
Das Ende naht immer und es hat viele Namen: Gottesgericht und Weltuntergang, Amargeddon und Zeitenwende. Von der Sintflut bis zur Klimakatastrophe hat der Mensch sich mit der Auslöschung der Welt beschäftigt. Jetzt ist es im Burgtheater fünf vor zwölf.
"Was fasziniert uns an diesem Kurz-vor-Zwölf, dem Angesicht des Endes? Warum ranken darum so viele Geschichten und die Suche der letzten Wochen bestand etwas zwischen Todesangst und Todessehnsucht zu finden", sagt der Regisseur Kay Voges, der seine erste Arbeit in Wien nicht im Volkstheater, das er künftig leiten wird, sondern im Burgtheater zeigt.

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Einblicke in Weltparzellen
Aus gutem Grund: "Weil nur wenige Bühnen im deutschsprachigen Raum die Möglichkeit haben, so ein Monster zu erzeugen", so Voges. Das Monster wird gewaltig. Die Bühne dreht sich wie die Welt, eine riesige Escher-Treppe führt drum herum und auf vier großen Leinwänden werden Einblicke in kleine Weltparzellen gewährt: in ein Krankenhaus, ein Hotelzimmer, einen Friedhof und ein Flugzeug.
Willkommen an Bord der Air Margeddon - Turbulenzen werden erwartet und Notausgang ist keiner in Sicht. Die kleinen Szenen, denen der Zuschauer beiwohnt handeln von Angstpanik und Freudentaumel, von Geburt und Tod, Liebesakt und Hinrichtung.
Erotik oder Angst?
"Fallen wir in den Tod hinein oder fliegen wir über dem Grab? Das ist ein philosophischer Gedanke, dem wir uns nähern. Ist da eine Erotik im Angesicht des Todes oder ist es die Angst, und in wie weit begegnen sich diese beiden Kräfte?", fragt der Regisseur.
Mit der zarten Erotik begnügt sich Voges freilich nicht, der auf Video übertragene und halbwegs dezente Sex im Hotelzimmer ist zwecks Authentizität oder als PR-Gag - angeblich echt - was letztlich für den Zuschauer so egal ist, wie die Frage, ob die Tränen der Darsteller wirklich aus dem Herzen kommen.
Erzeugen Untergangserzählungen Gemeinschaft? Dies irae – Tag des Zorns Paul Wallfisch, Kay Voges & Alexander Kerlin 19.12.2019, Burgtheater
Gepostet von Burgtheater am Sonntag, 15. Dezember 2019
Überforderungstheater
Wild collagiert werden die Texte - Bibelzitate neben Nietzsche, Primo Levi neben Ferdinand Schmalz, Greta Thunberg neben Stephe Bannon. Ein gewaltiges Überforderungstheater liefern Kay Voges und sein Komponist Paul Wallfisch, den er auch ans Volkstheater mitnehmen möchte, hier ab. Ein Panoptikum aus Musik und Gesang, Text und Bildern, Film und Tanz.
"Ich glaube, das wird ein Abend, an dem die Zuschauer überreich beschenkt werden, ein multimediales kleines Welttheater, wo man sich zwei Stunden hineinfallen lassen kann und auf Entdeckungsreise gehen darf." Am Ende dieser Entdeckungsreise, soviel sei jetzt schon verraten, geht nicht die Welt unter, sondern senkt sich nur der Vorhang - und das ist immerhin ein Trost.