"Du oder Ich" von Maria Lassnig

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Ö1 Kunstgeschichten

Die wahren Bilder sind im Kopf - Rückblick und Vorschau

Die "Ö1 Kunstgeschichten" gehen 2020 in die Verlängerung.

"Ich habe mich beim Schreiben oft von Gemälden inspirieren lassen. Wenn die Sinne mitspielen, ist der Weg vom Bild zur Stimme mitunter kurz. Man hört es zuerst im Kopf. Sehsinn, Gehör, Stimme, Wort. Aber das Fließen erfolgt nicht nur in eine Richtung, es handelt sich vielmehr um eine Art Wechselstrom, der, sobald er angekommen ist, zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt. Und auf dem Rückweg transportiert das Wort Bilder, die es davor nicht gegeben hat: Es hat sie erfunden. Das ist bei vielen dieser Erzählungen der Fall. Das Bild hat das Schreiben zwar angeregt, doch das Schreiben hat das Bild an einen anderen, hypothetischen Ort transportiert, den der Maler nicht gemalt hat."

"Es handelt sich um eine Art Wechselstrom"
Antonio Tabucchi

Das notierte der 2012 verstorbene italienische Autor Antonio Tabucchi im Vorwort zu seinem Buch "Geschichten zu Bildern" verschiedener Künstlerinnen und Künstler. Einem ähnlichen Prinzip folgen seit Mai 2019 die "Ö1 Kunstgeschichten". Mit dem Unterschied, dass jede der Geschichten von einem anderen Autor, einer anderen Autorin stammt!

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Ö1 Kunstgeschichten

Alle Texte zum Nachlesen

Maria Lassnig, da Vinci oder Lee Miller

Daniel Wisser schrieb zum Beispiel über eine verunglückte Reise zur berühmten "Mona Lisa" ins Pariser Louvre (9. Juni 2019). Bei Semier Insayif erleben wir zwei Männer im Museum vor einem Bild des russischen Expressionisten Alexej von Jawlensky (13. Oktober 2019). Erwin Uhrmann verschwindet unabsichtlich in einem Bild des Färöer Künstlers Zacharias Heinesen, und sieht seine Wiener Wohnung nun von den entlegenen nordatlantischen Inseln aus.

Die junge österreichische Autorin Astrid Nischkauer lässt das Kunstwerk selbst sprechen, und zwar Mark Rothkos Bild "No. 7 (or) No. 11", das sich an einer Wand im Wiener Kunsthistorischen Museum langweilt. (6. Oktober 2019). Die steirische Autorin Petra Ganglbauer widmet ihre "Kunstgeschichte" Maria Lassnigs bekanntem Bild "Du oder Ich". Anlass war der 100. Geburtstag der Kärntner Malerin am 8. September (1. September 2019). Der Autor und Filmregisseur Harald Friedl wiederum wählte für seinen Text eine Kunstfotografie aus den 1940er Jahren. Es handelt sich um ein Fotoporträt des englischen Dokumentarfilmers Humphrey Jennings, dandyhaft inszeniert von dessen Lebensgefährtin, der Kriegsfotografin Lee Miller.

Weg zur Veröffentlichung

Insgesamt 26 Texte zu Werken Bildender Kunst waren es seit dem 5. Mai 2019, gelesen von Stimmen wie jenen von Karl Markovics, Pippa Galli, Michael Dangl, Joseph Lorenz, Cornelius Obonya, Silvia Meisterle, Markus Hering, Katharina Knap und vielen anderen.

Einige der in diesem Jahr auf Ö1 vorgestellten literarischen Texte über Bildende Kunst wurden später auch in Anthologien veröffentlicht. So erschien Gabriele Petriceks Essay "Des Unterbrechens Sinn ist das Weiterführen" (19. Mai 2029) in dem Buch "Kunst und Literatur", herausgegeben von Beatrice Simonsen. Mehr als 40 zeitgenössische Autoren und Autorinnen nehmen in diesem sehr reihhaltigen Sammelband Bezug auf die Ära der internationalen Bildhauersymposien in St. Margarethen im Burgenland, samt vielen Querverweisen aufs allgemeine Thema des Schreibens über Kunstwerke.

Im neuen Jahr werden die "Ö1 Kunstgeschichten" auf dem gewohnten Sendeplatz der "Neuen Texte" weitergeführt. Sie erscheinen ab jetzt einmal pro Monat. Beginnend am 5. Jänner mit Andreas Schindls Erzählung "Der Maler, der Autor, die Frauen". Es ist dies die bewegende Fortsetzung einer "Kunstgeschichte" vom Sommer mit dem Titel "Porträt einer Dame, sitzend, undatiert" (16. Juni 2019), als der Autor noch nicht wusste, wessen Porträt das Ölgemälde in seinem Haus darstellt. Jedoch aufgrund der Sendung und auch der Präsentation des Bildes auf oe1.orf.at, wo alle "Ö1 Kunstgeschichten" weiterhin nachlesbar sind, konnte das Geheimnis gelüftet werden! Zu hören in: "Der Maler, der Autor, die Frauen" von Andreas Schindl, gelesen von Joseph Lorenz in der ersten Kunstgeschichte des neuen Jahres, am 5. Jänner um 21:40 Uhr.

Gestaltung

  • Edith-Ulla Gasser

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