Ulrich Salamun, Robert Stachel und Peter Hörmanseder

APA/HERBERT PFARRHOFER

Satire und Journalismus

Politik zum Angewöhnen

Die Satire erlebt in Krisenzeiten wie jetzt rund um das Corona-Virus seine Blüte. Da kommen auch die Satireformate des Fernsehens nicht daran vorbei. Politische Satire im TV hat aber immer mehr auch eine journalistische Funktion – nicht für alle Vertreter des Genres, aber für immer mehr. Im ORF, aber auch auf den Privatsendern.

Der satirische Blick ist eigentlich oft der richtige, findet "Kurier"-Karikaturist Michael Pammesberger, der sich auch als Journalist versteht: "Ich übertreibe nichts, ich entlarve." Durch den Humor sickert die Botschaft oft leichter in die Köpfe als durch klassische Nachrichtenformate, da öffnen sich "andere Synapsen", meint auch Robert Stachel von "Maschek". Der Medienwissenschafter Benedikt Porzelt sieht Satire und Journalismus denn auch in einer Symbiose: "Ohne Journalismus könnten die populären Satire-Formate im Fernsehen gar nicht existieren. In dieser Kombination können Recherche-Ergebnisse mehr in die Breite getragen werden und zu Zielgruppen, die sich die Berichte in klassischen Nachrichtenformaten nicht so anschauen."

Züchtet Satire vielleicht News-Junkies?

Eine Erfahrung, die Gerald Fleischhacker mit dem Feedback auf seine Satire-Sendung "Bist du deppert" auf Puls4 bestätigen kann: "Da hatten wir viele, die gesagt haben: Ein Wahsinn, was ihr da berichtet, warum berichtet denn das niemand? Dabei haben das ganz viele Medien schon berichtet, unsere Zuschauer haben es nur nicht regisiriert." Also züchtet Satire quasi auch News-Junkies? Kann man so ein neues und jüngeres Publikum an die klassische Politik-Berichterstattung heranführen?

Humor hat auch seine Schattenseiten

Die Hoffnung lebt, aber sie ist trügerisch, wenn man der Medienwissenschafterin Sophie Lecheler folgt: "Die Forschung zeigt, dass sich politische Satire vor allem an jene richtet, die ohnehin schon politisch aktiv und interessiert sind. Das heißt, in puncto Mobilisierung ändert sich da nicht so viel." Und diejenigen, die den Humor nicht verstehen, würden auch noch zynisch, befürchtet Lecheler. Eine Schattenseite, die auch Fritz Jergitsch vom Satire-Portal "Die Tagespresse" sieht: "Ich glaube schon, dass Satire auch einen Beitrag zu diesem Teufelskreis leistet, dass sich Leute immer wieder von der Politik frustriert abwenden."

"Trennung wie zwischen Kirche und Staat"

Die Übergänge von der Satire zum Journalismus sind also fließend, manchmal auch die Übergänge in die Politik: Und das nicht nur in der Ukraine, wo Wolodymyr Selenski seine heutige Präsidentenrolle schon als Fernseh-Komiker geübt hat. Robert Stachel von "Maschek" hält das für einen Triumph des Populismus, er ist für eine klare Trennung zwischen Politik und Satire, so "wie zwischen Kirche und Staat". Ein Politiker müsse es ernst meinen, ein Satiriker hingegen spiegelt die Politik und legt den Finger auf die Wunde. Also eine klare Unvereinbarkeit.

Der Versuch einer tödlichen Umarmung

Robert Stachel steht mit seinem "Maschek"-Partner Peter Hörmanseder ja auch ständig auf der Bühne, er kennt das - wie er es nennt - "Einweimperln" von Politikern: "Ich nenne keine Namen, aber bei Premieren sind die dann teilweise anwesend und finden das ganz toll. Das ist der Versuch einer Entschärfung, einer tödlichen Umarmung. Wenn ich als Satiriker mich darauf einlasse, mache ich mich angreifbar:" Die Freiheit des Satirikers sei eine Errungenschaft, die es zu verteidigen gelte - so wie die des Journalisten, sagt Stachel. Für den Medienwissenschafter Benedikt Porzelt ist das ein altbekanntes Muster, Politiker versuchten sich immer wieder als "Kenner des Witzes" zu präsentieren. Zeigen, dass man über sich selbst lachen kann - in Wahrheit der Versuch der Vereinnahmung.

Die ORF-Laus und der Villacher Fasching

"Gute Nacht Österreich"-Anchor Peter Klien hat die tödliche Umarmung gespürt, als er noch als Außenreporter für die Sendung von Stermann und Grissemann unterwegs war. Heinz-Christian Strache hatte Klien in besseren Zeiten, also vor Ibiza, beim FPÖ-Aschermittwoch in Ried superfreundlich empfangen und als "besonders freche ORF-Laus" willkommen geheißen - während die FPÖ als Regierungspartei den ORF an sich damals an die Kandare nehmen wollte. Wir kennen das auch vom alljährlichen Villacher Fasching, wo sich die Politiker immer stapeln. Diesmal, also nach Ibiza, war sogar Strache dort und hat sich seine Watschen abgeholt. Das Gratisblatt "Heute" titelte: "Höhle des Löwen. Strache weint bei ORF-Event." Mitleid und Respekt der verbliebenen Fans sind Strache sicher.

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