
TREAT.AGENCY
Not cancelled!
Österreichs erste digitale Art Week
Die Rubrik "abgesagt!" gehört seit der Corona-Krise zum fixen Bestandteil der Kulturberichterstattung. Anlass für den Wiener Digitalunternehmer Istvan Szilagyi unter dem Titel "Not cancelled" die erste digitale Art Week Österreichs zu veranstalten. 15 Galerien haben kurzerhand mitgemacht. Darunter junge Galerien, aber auch arrivierte Galerien, die seit Jahrzehnten die heimischen Kunstszene prägen.
7. Mai 2020, 02:00
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Mittagsjournal | 06 04 2020

Istvan Szilagyi - ELODIE GRETHEN
Der Künstler Julian Bismuth meldet sich aus seinem Wohnzimmer via Skype-Schaltung, um über seine Arbeit zu sprechen. Sie ist aktuell im virtuellen Showroom der Plattform "Not cancelled" ausgestellt. Dort werden den Besucher/innen neben virtuellen Galerienrundgängen auch Artist-Talks und Live-Happenings geboten.
Auf den ersten Blick erinnert die Plattform an einen geschmackvoll kuratierten Instagram-Account. Doch auf dieser Seite kann man Kunst nicht nur erleben und anschauen, sondern auch kaufen. "Ich hatte die Idee direkt nach dem Lockdown, als alle Geschäfte und auch Galerien schließen mussten. Ich habe viele Freunde, die in der Kunstszene arbeiten und viele hatten massive Existenzängste und große Sorgen, was die Zukunft betrifft", sagt der Digitalunternehmer Istvan Szilagyi, der die erste virtuelle Art Week Österreichs ins Leben gerufen hat.
In Zeiten, in denen Galerieräume und Ateliers geschlossen bleiben müssen, bietet "Not cancelled" noch bis 9. April Einblicke in das heimische Galeriengeschehen. In der Vergangenheit hat Istvan Szilagyi mit seiner Agentur treat agency virtuelle Kunstvermittlungsprojekte für Museen und Kulturinstitutionen entwickelt - unter anderem für das Haus der Geschichte Österreich und die Österreichische Nationalbibliothek.

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Das Ende der "Massenevents"?
Dieses Know-how soll nun der heimischen Galerienszene zugutekommen. Denn nicht nur in Zeiten des Corona-Notstands sind virtuelle Showrooms auch für den Kunsthandel ein Zukunftsmodell. Internationale Großgalerien wie Gagosian oder David Zwirner setzen längst auf umfangreiche Präsentationen im Netz. Große Kunstmessen, auf denen tausende Menschen aus aller Herren Länder auf engem Raum zusammenkommen, könnten hingegen zum Auslaufmodell werden.
Dieser Prozess sei längst eingeleitet worden, so der Galerist Christian Meyer. "Die unzähligen Messen haben eine gegenseitige Konkurrenz zueinander aufgebaut. Die Teilnahme am internationalen Messezirkus ist und war mit großen Kosten verbunden, die vielen Galeristen längst übertrieben finden. Viele fragen sich, ob diese Materialschlacht wirklich notwendig ist. Aufgrund dessen haben namhafte Galerien bereits vor der Corona-Krise begonnen, ihre Aktivitäten in die Sozialen Netzwerke zu verlegen. Diese Krise ist die Speerspitze einer Entwicklung, die bereits zuvor in unserer Gesellschaft als Fehlentwicklung wahrnehmbar gewesen ist. Die Kunstszene hat auf Massenevents gesetzt und die Qualität vernachlässigt", sagt der Galerist Christian Meyer von der Galerie Meyer Kainer, die derzeit auf der Plattform "Not cancelled" vertreten ist.
Trotz zahlreicher Warnungen ging Anfang März die Kunstmesse Arco in Madrid noch wie geplant über die Bühne und freute sich über 95.000 Besucher/innen. Wie viele Menschen sich auf der Messe mit Covid 19 infiziert haben, ist unbekannt. Mittlerweile wurde die Veranstaltungshalle, in der die Kunstmesse stattgefunden hat, aber zu einem Notspital umfunktioniert.
Garantiert keine Ansteckungsgefahr besteht bei der ersten virtuellen Art Week Österreichs "Not cancelled", die noch bis 9. April im Netz stattfindet.