Peter Pongratz

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Kunst

Peter Pongratz wurde 80

Der Maler Peter Pongratz wurde am 22. Mai 2020 achtzig Jahre alt. Ein Werk von ihm, der mit Literaten wie Peter Handke und Gerhard Roth lange befreundet ist, ist in vielen österreichischen Haushalten zu finden: der sogenannte Austrokoffer, eine 2005 herausgegebene Sammlung österreichischer Literatur nach 1945, wurde von Peter Pongratz künstlerisch gestaltet.

Bekannt ist er auch als Mitglied der Künstlergruppe "Wirklichkeiten", die 1968 gegründet worden war - Moden und Trends hat er sich damals wie heute widersetzt. Neueste Arbeiten des Jubilars sind derzeit in der Galerie Artecont in Wien zu sehen, weitere Ausstellungen sind in der Warteschleife.

Schlecht sei es ihm nicht gegangen, so Pongratz auf Nachfrage, wie er die letzten Wochen sozialer Isolation erlebt habe: "Ein guter Maler, der seinen Job ernst nimmt, so wie ich, lebt eigentlich sehr einsam. Ich kann nicht malen, wenn Leute um mich sind. Ich kann nur allein, und ich bin gern allein. Ich kann nur dann konzentriert arbeiten, wenn ich ungestört bin und nicht abgelenkt durch irgendeinen Quatsch, der mich nicht interessiert. So gesehen war diese Corona-Abkapselung für mich herrlich. Es hat mich keiner besucht, ich braucht niemanden besuchen. Für mich war das nicht das geringste Problem, ganz im Gegenteil, ich habe das geradezu genossen." Nur der tägliche Kaffeehausbesuch sei ihm abgegangen.

"Die Wirklichkeit, die mich interessiert, ist jene Wirklichkeit, die sich da drinnen abspielt", sagt Peter Pongratz und klopft mit der flachen Hand auf seine Brust

Horror Vacui auf der Staffelei

Seine Bilder entstehen direkt auf der Leinwand, ohne einen Plan, erzählt Peter Pongratz - wobei das nicht ganz stimme, denn er habe einen schweren Horror Vacui vor der leeren Leinwand: Daher habe er angefangen Skizzen zu machen, die er mit einem Projektor auf die Leinwand projiziert. Nach wenigen Minuten, sobald die ersten Striche getan sind, schwindet die Angst, und die Behelfsprojektion wird obsolet: "Das mache ich nur, damit ich mich nicht fürchte vor der leeren Leinwand."

Zwei große Leinwände im Querformat sind derzeit im Atelier des Künstlers und Bühnenbildners Peter Pongratz aufgestellt. Die fast fertigen Bilder zeigen abstrakte Figuren und Blumenvasen, sie sind farbig und wirken fröhlich - doch daraus solle man keine Rückschlüsse auf den Gemütszustand des Malers ziehen, mahnt der Maler: "Ich habe immer starke Farben verwendet und das hat nicht unbedingt mit meinem inneren Glückszustand zu tun, sondern weil ich ein Maler bin. Und weil ich finde, dass Farben zu meinem Job gehören. Ich liebe Farben, aber das bedeutet nicht, dass ich glücklich oder unglücklich bin." Die bunten Farben gehören zu seinem Stil, der im Laufe der Jahrzehnte seines künstlerischen Schaffens einige Wandlungen erfahren hat.

"Wirkung der Wirklichkeit"

Peter Pongratz wurde am 22. Mai 1940 in Eisenstadt geboren und ist in Graz aufgewachsen. Dort machte er Bekanntschaft mit Künstlerinnen und Musikern, er spielte Jazz-Schlagzeug und arbeitete daran, seinen eigenen bildnerischen Weg zu finden.

1966 zog er nach Wien, wo er einen Lehrauftrag bei Max Weiler an der Akademie der bildenden Künste übernahm. Peter Handke beschrieb sein Werk 1967 so: "Seine Welt ist wirr, überschneidet sich in den Bestand-teilen, hat mit der 'Wirklichkeit' nichts zu tun, zeigt vielmehr die eigene Wirklichkeit. Was er malt, ist nicht die Wirklichkeit, sondern die Wirkung dieser Wirklichkeit in ihm."

"Die Altspatzen haben auf uns geschissen, die jungen haben uns gefeiert wie die Teufel", Peter Pongratz über die "Wirklichkeiten" 1968 in der Secession

Mit den Künstlerkollegen Martha Jungwirth, Wolfgang Herzig, Kurt Kocherscheidt, Franz Ringel und Robert Zeppel-Sperl schloss er sich zur Gruppe "Wirklichkeiten" zusammen. Der Name, den der Kurator Otto Breicha vorgeschlagen hatte, hätte ihm eigentlich gar nicht besonders zugesagt, so Pongratz, er hätte sich was Poppigeres, etwas Zündendes vorgestellt. Anlass war eine gemeinsame Ausstellung in der Secession 1968. "Die ganzen Altspatzen sind daheim geblieben, haben auf das geschissen", erinnert sich der Achtzigjährige, "aber die jungen sind in Scharen gekommen und haben uns gefeiert wie die Teufel. Ich habe selten so eine erfolgreiche Ausstellung mitgemacht wie diese. Weil es halt wirklich neu war, weil die Jungen interessiert waren daran. Ich darf daran erinnern, dass wir die Postmoderne vorweggenommen haben. Wir waren zehn Jahre früher dran als die Deutschen, aber die Österreicher haben das nie erwähnt."

Früher Insider der Outsider-Kunst

Peter Pongratz‘ Bilder sind bunt und dicht, sie enthalten abstrahierte Formen und ungreifbare Wesen - unschwer zu erkennen ist der Einfluss von Kinderzeichnungen, psychopathologischer Kunst und der Kunst indigener Völker. Als einer der ersten österreichischen Künstler beschäftigte sich Pongratz bereits Anfang der 1960er Jahre mit den Gugginger Künstlern oder mit Objekten von der pazifischen Inselgruppe Melanesien. Der Kunsttheoretiker und Museumsdirektor Otto Breicha schrieb 1997: "Dieses Schaffen von Outsidern, das durch keine akademischen und sonstigen Muster verbildet und erzsubjektiv, wie es ist, dort vorkommt, ist eine der wichtigsten Quellen, aus denen auch Peter Pongratz schöpft. Für den, der es zu wittern versteht, ist das Wilde, das ihn anzieht, stets gleich um die nächste Ecke spannend anzutreffen."

"Die Wirklichkeit, die mich interessiert, ist jene Wirklichkeit, die sich da drinnen abspielt", sagt Peter Pongratz und klopft mit der flachen Hand auf seine Brust, "ich werde allenfalls angeregt durch das, was da draußen passiert, aber was ich dann draus mache, hat zwar intensiv damit zu tun, schaut aber ganz anders aus. Deswegen waren für mich Kinderzeichnungen, oder psychopathologische Kunst oder auch andere Vorläufer immer wahnsinnig wichtig. Weil sich die um das nicht gepfiffen haben!", meint Pongratz in Bezug auf einen Akademismus, den der heute 80-jährige seinen Zeitgenossen in der österreichischen Kunst vorwirft, dem der "St. Stephan Partie" ebenso wie der "Wiener Schule" der Phantastischen Realisten, und sogar den "nur an ihrer Karriere" interessierten Aktionisten.

Service

Peter Pongratz
Galerie Artecont

Gestaltung

  • Anna Soucek