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Im Gespräch

Forschung sichtbar machen

Der Kulturanthropologe Hermann Mückler "Im Gespräch".

Nach Ozeanien kann Hermann Mückler dieses Jahr ausnahmsweise nicht reisen. Seine Studierenden erreicht der Kulturanthropologe derzeit ausschließlich mithilfe digitaler Dienste. "Es ist ein dreifacher Aufwand. Aber ich bin dankbar, dass ich meinen Job im Home-Office machen kann", höre ich Hermann Mückler durch mein Smartphone sagen.

Ozeanienforschung in Wien

Seit zirka 25 Jahren setzt sich Mückler als Kulturanthropologe mit Ozeanien auseinander. Für seine 1997 erfolgte Promotion am Institut für Völkerkunde verbrachte er zwei Jahre feldforschend auf den Fidschi-Inseln. 1996 gründete er die Österreichisch-Südpazifische Gesellschaft, seit 2001 ist er außerordentlicher Professor am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien. Als Präsident des Dachverbands aller Österreichisch-Ausländischen Gesellschaften setzt sich Mückler seit 2016 für bilaterale Freundschaften und internationalen Frieden ein.

Vielleicht wird es eine Renaissance geben ...

Das größte Anliegen des Ethno-Historikers aber ist es, die Tradition der Ozeanienforschung an der Universität Wien zu erhalten und diese sichtbar zu machen. "Margaret Mead, Bronisław Malinowski, Claude Lévi-Strauss - die namhaftesten Ethnologen haben in Ozeanien geforscht. Heute gilt das nicht mehr als sexy", meint Mückler schmunzelnd. "Aber vielleicht wird es für die kulturanthropologische Ozeanienforschung eine Renaissance geben. Wir erleben ja alle gerade, dass die Dinge sich sehr schnell verändern können.

Hermann Mückler

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Was trieb die Missionare an?

Rückblickend bezeichnet der Vorsitzende der Anthropologischen Gesellschaft in Wien seine Untersuchung der Osterinsel sowie die Auseinandersetzung mit der Missionsgeschichte als prägend. "Um den christlichen Glauben zu verbreiten, haben die Missionare ihre Heimat verlassen, ihr Leben und ihre Gesundheit riskiert. Mich interessiert, was diese Menschen angetrieben hat. Ich möchte aber nicht entschuldigen, was sie den Betroffenen angetan haben", betont Hermann Mückler.

Gegründet 1870, hätte die Anthropologische Gesellschaft im Mai ihr 150-jähriges Bestehen gefeiert. Das aus diesem Anlass geplante Festsymposion musste jedoch aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus abgesagt werden. Wenigstens auf das Schreiben und Publizieren muss der Kulturanthropologe aber nicht verzichten: Im Juni erscheint in der Reihe "Neue Fischer Weltgeschichte" sein Buch "Australien, Ozeanien, Neuseeland" (S. Fischer Verlag).

Darüber hinaus arbeitet der zweifache Vater gerade an einem Bildband über die populärkulturelle Darstellung der Südsee. Es gelte, die in den Anfängen der Kolonialgeschichte wurzelnden Klischees von "Wilden" und "Urlaubsparadiesen" zu dekonstruieren. Mit dem Bildmaterial verfügt Hermann Mückler über die "wahrscheinlich weltgrößte Privatsammlung" visueller Repräsentation Ozeaniens, die Kinoprogramme ebenso wie Postkarten, Plakate und Ephemera umfasst.

Text: Viktoria Waldhäusl

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