Billy Ray Cyrus und Miley Cyrus

AP/JOEL C RYAN

Spielräume Spezial

(K)ein Herz für Daddy

Der Papa. Was schwingt bei dem Wort alles mit – Papas können streng sein oder lieb, ihre Eigenheiten haben, vergesslich oder auch schrullig sein. Mit Papas hat man mehr Nachsicht als mit Mamas, Papas müssen nicht perfekt sein... Wohl eines von mehreren Privilegien der Vaterrolle.

Von Daddys und ihren Eigenheiten berichten ebenso liebevoll-satirische Lieder wie nüchterne Bilanzen vom geglückten oder versäumten Leben.

Vor fünfzig Jahren erschien Cat Stevens‘ Song Father and Son, Ausdruck einer Zeitenwende. Ein zärtlich-verständnisvoller Vater spricht seinem Sohn Ruhe und Mut zu.

It's not time to make a change
Just relax, take it easy
You’re still young (…),
There’s so much you have to know

So viel Harmonie – ausreichend für den Werbespot einer bekannten Teemarke – herrschte nicht immer in den Beziehungen zwischen Vätern und ihren Kindern.

Die popkulturelle Revolution der 1960er Jahre war nicht zuletzt gegen autoritäre Erziehung und Väter gerichtet. Plötzlich fand der rituelle Vatermord im Rocksong statt.

“Father? - Yes son? - I want to kill you…Mother, I want to …”

Jim Morrison, Leadsänger der Band „The Doors“, agiert 1967 am Höhepunkt des 12-minütigen Epos „The End“ den Ödipus-Komplex aus, den Sophokles vor zweieinhalb Jahrtausenden dramatisiert und den Sigmund Freud analysiert hat.

Der Vater als moralisches Über-Ich, verantwortlich für die sprichwörtliche Zucht und Ordnung: diese Rolle scheint nach 1968 nachhaltig relativiert. Was nicht heißt, endgültig vorbei - aber zumindest benennbar, thematisierbar. In zahlreichen Songs der letzten Jahrzehnte begegnen wir sturen, unnahbaren, „toughen“ Vätern, von sensiblen Söhnen als Problem erlebt.

You’re telling me and anyone
You’re hard enough
You’ don’t have to put up a fight
You don’t have to always be right

Du bist so hart - aber du musst nicht immer kämpfen, du musst nicht immer Recht haben… Diese Zeilen sang Bono von U2 beim Begräbnis seines Vaters, der an Krebs gestorben war.

Der schwierige Dialog mit dem Vater, manchmal erst posthum möglich. Vorgabe und Vorbild, mit denen man sich messen muss, sie wirken weiter, über den Tod hinaus.

I see my daddy walking through them factory gates in the rain
Factory takes his hearing, factory gives him life
The working, the working, just the working life

Tag für Tag verschwindet der Vater hinter dem Tor der Fabrik, die ihm den Lebensunterhalt gibt, aber das Gehör nimmt – die lakonische Bilanz eines Arbeitslebens in Bruce Springsteens Song Factory. „Arbeit“, Günter Brödls Übertragung ins Wienerische, war einer der Fixpunkte bei den Auftritten des Ostbahn-Kurti.

Auch der abwesende Vater ist ein häufiges Song-Motiv. Wegen der vielen Arbeit, oder verschwunden nach der Trennung von der Mutter.

Où t’es, papaoutai?
Où t’es, papaoutai?
Où t’es, où t’es où, papaoutai?

Papa, wo bist du? Quälend oft fragt der Bub in dem Video zum Song „Papaoutai“ des belgischen Musikers Stromae. Sein Vater hatte sich aus der Beziehung der Eltern verabschiedet und kam beim Völkermord in Ruanda ums Leben. Der Vater im Film ist eine leblose Puppe, und auch der Sohn wird am Ende dazu. Lied und Film haben einen Nerv getroffen, belegen siebenhundert Millionen Klicks.

Und Töchter? Haben sie es leichter, zumindest bei anwesenden Vätern? Anekdoten von Töchtern, die ihre Papas um den Finger wickeln, von den anhimmelnden Blicken in beide Richtungen gibt es viele.

Yes, my heart belongs to Daddy
So I simply couldn't be bad
Yes, my heart belongs to Daddy

„My Heart belongs to Daddy“ - damit hat der souveräne Song-Autor Cole Porter dem Typus Vatertochter ein langlebiges Denkmal gesetzt. Sängerinnen von Marilyn Monroe, bis vor Kurzem, Ariana Grande sind in die dankbare Charakterrolle des erwachsenen Girls geschlüpft, das mit Liebhabern allenfalls spielt, aber nie Ernst macht - weil der Papa so gut zu ihr ist...

Superstar Beyoncé setzt der Ambivalenz noch eins drauf.

Beyonce, schwanger auf der Bühne

AP/MATT SAYLES

I want my unborn son to be like my daddy
I want my husband to be like my daddy
There is no one else like my daddy

Good luck, möchte man fürs weitere Leben wünschen. Der Befund zu den Liedern von Töchtern über Väter fällt ähnlich aus wie bei denen über Mütter: Kritische Auseinandersetzungen mit dem Papa sind rar.

Aber solche Kritik ist ja auch nicht immer notwendig. Denn für vieles ist und bleibt der Herr Vater ja gut, und geradezu unverzichtbar.

Da Papa wird's scho richtn
Des g‘hört doch zu den Pflichten
Von jedem Herrn Papa

Das wussten schon Helmut Qualtinger und sein Textautor Gerhard Bronner – zu einer Zeit, als väterliche Protektion unerlässlich war und der Herr Papa darauf schaute, dass die Sprösslinge selbst bei mangelhaften eigenen Voraussetzungen ihren Weg gut ins Leben fanden.

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