Schnitz-Skulpturen

ALPINARIUM GALTÜR

Das Objekt der Begierde

Alpinarium Galtür

Am 23. Februar 1999 ist über den beliebten Wintersportort Galtür im Tiroler Paznauntal ein Unglück hereingebrochen: Nach mehrmaligen heftigen Schneefällen, Stürmen und sehr tiefen Temperaturen löste sich um 16 Uhr nördlich des Dorfes eine massive Lawine, raste zu Tal, zerstörte zahlreiche Gebäude und verschüttete 50 Menschen. Ein Teil konnte rasch geborgen werden, 31 Menschen kamen ums Leben.

Für die Wildbach- und Lawinenverbauung war bald klar, dass ein derartiges Unglück wieder geschehen könnte, und die Siedlung deshalb rasch mit einer großen Lawinenschutzmauer im Ort gesichert werden muss.

Die Gemeinde machte aus dieser Not eine Tugend und baute dorfseitig ein modernes Mehrzweckgebäude mit einem Sicherheitszentrum für die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Bergrettung direkt an die 365 Meter lange und 18 Meter hohe Lawinenschutzmauer.

Seit dem Jahr 2003 ist in dem Gebäude neben Veranstaltungsräumen, einem Café und einer Kletterwand auch das Museum Alpinarium untergebracht, das sich mit dem großen Lawinenunglück von 1999, mit der Geschichte von Galtür und mit den Veränderungen des alpinen Raumes auseinandersetzt.

Im über zwei Stockwerke reichenden Foyer treffen die Besucherinnen und Besucher auf eine Installation, die zeigt, wie nahe beeinander Naturschönheit und Naturgefahren liegen: An 32 Stahlseilen sind 1200 etwa kopfgroße Steine aufgefädelt, die zusammen rund 18 Tonnen wiegen. Der Steinkreis wirkt, als ob er wie ein Felssturz aus der Gebäudedecke herausfließen würde, und lässt sich gleichzeitig mit der Hand in sanfte Schwingen versetzen.

„Wir haben mit unseren Ausstellungsmachern und Gestaltern versucht , die Macht und die Dynamik der Berge ins Haus hereinzuholen“, erklärt Helmut Pöll, der als Mitarbeiter der Gemeinde Galtür die Entstehung und Einrichtung des Alpinarium gelenkt hat und seither für einen reibungslosen Ablauf sorgt.

Schnitz-Skulpturen

ALPINARIUM GALTÜR

Gedenken und bedenken

Vom Foyer gelangt man in den Memento-Raum, in dem mit einem Kunstwerk des Tiroler Malers Arthur Salner der 31 Menschen gedacht, die am 23. Februar 1999 beim Lawinenunglück in Galtür ihr Leben verloren haben.

Im großen Hauptraum, der von silbernen geschwungenen Wänden durchzogen ist, wird die aktuelle Ausstellung mit dem Titel „Ganz oben - Geschichten über Galtür und die Welt“ gezeigt. Sie reicht von der Besiedelung des Ortes über die Kirchengeschichte und die Anfänge des Tourismus bis zu Menschen, die von Galtür in die Welt hinausgezogen sind.

Da wird auch von den Bergführern erzählt, die schon um 1900 bei Expeditionen im Kaukasus teilgenommen haben, oder die Piz Buin Sonnencreme vorgestellt, die im Paznaun entwickelt wurde. Auf dem geheimnisvollen Grabstein des Reisenden Wilhelm Bill Lang wird Galtür neben Paris, der Antarktis oder Taormina als einer seiner zehn liebsten Orte genannt. Und der Enzian-Schnaps aus Galtür, für den jedes Jahr beim Kirtag verlost wird, welche 13 Personen die heilkräftige Wurzel ausgraben und verarbeiten dürfen, steht sogar auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes.

Einer der Lieblingsräume von Helmut Pöll ist jener, der mit „Orbital“ beschriftet ist und in dem man von einer Stricklandschaft überrascht wird. Sie wurde von Asylberechtigten aus alten Strickwaren in Naturfarben genäht und zeigt, was sich in den Berge alles abspielt: Man sieht eine Seilbahn, Hotels, Kühe, Sportler, Landwirtschaft und sogar einen Berggeist.

Schneegrafiken fassbar gemacht

Neben der schwebenden Landschaft steht in einer langen weißen Nische, die aussieht wie eine Schneehöhle, das liebste Objekt von Helmut Pöll:
„Das sind die Schneeskultpuren. Die gefallenen Schneemassen werden in Galtür täglich von unseren Wettermessstationen aufgezeichnet. Am Ende des Jahres werden sie dann in Diagramme verarbeitet. Und wir haben versucht, die Diagramme dreidimensional umzuarbeiten und so diese Schneemassen darzustellen.“

Und zwar in Form von kleinen Bäumen, die aus Holz gedrechselt wurden und Ringe unterschiedlicher Breite und Höhe aufweisen. Die vertikale Position und Dicke eines Ringes zeigt an, wann und wie lange es in einem Winter geschneit hat. Der Durchmesser des Ringes zeigt, wie viel Schnee in diesem Zeitraum gefallen ist. Die zwölf ausgestellten Bäume stellen Schneediagramme aus zwölf markanten Wintern der vergangenen Jahrzehnte dar, darunter das Jahr der Lawinenkatastrophe 1999.
Helmut Pöll: „Man sieht dann beim Baum, dass er bis zur Hälfte sehr dünn ist, weil bis Ende Jänner wenig Schnee gefallen ist, und dann wird der Baum ganz breit und groß, weil Mitte Februar sehr viel Schnee gefallen ist, und danach war es wieder ganz ein normaler Winter.“

Interessant ist, dass im darauffolgenden Jahr 2000 mehr oder weniger gleich viel Schnee gefallen ist wie 1999, er war aber gleichmäßiger über das Jahr verteilt. Und Ironie des Schicksals: Im Winter 1964, als in Innsbruck die Olympischen Spiele stattfanden, gab es sehr wenig Schnee. Das Bäumchen zu diesem Jahr ist ziemlich dünn.

Gestaltung

  • Sonja Bettel

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