Jean-Luc Godard

AP/EDWIN REICHERT

Filmemacher

Jean-Luc Godard feiert 90. Geburtstag

Kino als intellektuelles Abenteuer, als Irritation von Sehgewohnheiten und bewusste Überforderung des Zusehers. So wird das Werk des französischen Regisseurs Jean-Luc Godard oft gesehen, nicht zuletzt weil er wie kaum ein anderer Filmemacher seine künstlerische Unabhängigkeit und Eigenständigkeit verteidigt. Nun feiert der Mitbegründer der französischen Nouvelle Vague, der Klassiker wie „Außer Atem“ „Weekend“ oder „Die Verachtung“ gedreht hat, seinen 90. Geburtstag.

„Eine Geschichte braucht einen Anfang, eine Mitte und ein Ende, aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge."

Jean-Luc Godard bei einer Videotelefonie-Konferenz in Cannes, 2018

Jean-Luc Godard bei einer Videotelefonie-Konferenz in Cannes, 2018

AFP/LAURENZ EMMANUEL

Eine Kampfansage an „Steven Spielberg und Konsorten“ wie Godard 2018 bei den Filmfestspielen in Cannes meinte, zugeschaltet in den Pressekonferenzsaal via Mobiltelefon.

Film und Wahrheit

Provokation ist bei Godard aber keine leichtfertige Attitüde, sondern ein wesentlicher künstlerischer Antrieb. Warum also logische und schlüssige Geschichten erzählen, wie es das kommerzielle Kino so gerne macht, wenn sie von der Wahrheit doch nur ablenken?

Gerade Fotografie und Film, sind der Wahrheit verpflichtete Medien, wie Godard 1960 einen Fotografen in seinem Film „Der kleine Soldat“ sagen lässt: „Film ist Wahrheit 24 mal in der Sekunde“.

1963: Brigitte Bardot und Michel Piccoli in "Die Verachtung", Regie: Jean-Luc Gordard.

1963: Brigitte Bardot und Michel Piccoli in "Die Verachtung", Regie: Jean-Luc Gordard.

ORF/KINOWELT

Brechen filmischer Konventionen

Bis Mitte der 1960er Jahre sind in Godards Filmen noch Ansätze einer Handlung erkennbar, in Filmen wie „Die Verachtung“, „Pierrot le Fou“, und zuvor “Ausser Atem“, eine Amour Fou zwischen Jean Seberg und Jean Paul Belmondo.

Als Mitbegründer der Nouvelle Vague ist Godards Lust zum Brechen filmischer Konventionen schon früh unübersehbar, freilich ohne dabei jemals an den Kinozuseher zu denken: „Niemals!“, wie Godard unterstreicht.

„Histoire(s) Du Cinema“

Gegen Ende der 1960er Jahre radikalisiert Godard sein Schaffen auch in politischer Hinsicht, stellt es in den Dienst revolutionärer Anliegen, in Filmen wie „Die Fröhliche Wissenschaft“ und „Eins plus eins“.

Die Suche nach dem manipulativen Charakter von Bildern und Tönen treibt Godard in 1980er Jahren mit seinen „Histoire(s) Du Cinema“ auf die Spitze: Eine „wahre Geschichte des Kinos“, kann man nicht in Worte fassen, sondern nur in Bildern schreiben.

Ab den 1990ern werden Godards Filme - etwa „Nouvelle Vague“, „Notre Musique“ und „Film Socialisme“ immer mehr zu experimentellen Essays, in denen sich Zitate und Anspielungen aufeinander türmen, mit der Montage als Mastermind. „Sie steht immer am Anfang“, so Godard.

Weiterarbeiten!

Die Feierlichkeiten zu seinem 90 Geburtstag überlässt der passionierte Zigarrenraucher, der seit mehr als 40 Jahren am Genfer See lebt, anderen. Godard, so verlautet aus einem Umfeld, arbeite lieber an zwei neuen Filmprojekten.

Eine neu erschienene Biografie durchquert sein mehr als 60-jähriges Filmschaffen und zeigt ihn als kompromisslosen Innovator, streitbaren Polemiker und einsamen Einsiedler. "Jean-Luc Godard - Der permanente Revolutionär" heißt das Buch des österreichischen Filmkritikers Bert Rebhandl.

Service

Bert Rebhandl, "Jean-Luc Godard - Der permanente Revolutionär", Zsolnay

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger