Ludwig Hirsch

APA/HERBERT PFARRHOFER

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Ludwig Hirsch - Österreichs dunkler Chansonnier

Der Liedermacher, Schauspieler und Poet Ludwig Hirsch wäre am 28. Februar 2021 75 Jahre alt geworden. Geboren in der Steiermark, war er seiner eigenen Aussage zufolge immer schon ein echter Wiener: "Ich bin eigentlich Wiener, ich wurde nur zufällig dort geboren."

Aufgewachsen in der Wiener Leopoldstadt, unweit des Wiener Praters, übte im Besonderen der Wurstlprater der 1960er Jahre mit seinen grellen, blickenden Neonröhren, den Autodromen, Schießbuden und Geisterbahnen eine Faszination auf den jungen Ludwig Hirsch aus. Er lernte dort Menschen wie Gauner, Schläger und Zuhälter kennen, die sein weiteres Leben prägen sollten.

Ludwig Hirsch selbst beschreibt die Zeit seines Lebens als „eine blöde Zeit“, die dennoch Spuren hinterlassen hat. Die Schule war für Ludwig Hirsch kein Ort der Inspiration - im Gegenteil - er empfand sie phasenweise als langweilig und sinnlos. Der falsche Ort für den kreativen, kritischen Freigeist.

Schauspieler und Liedermacher

Seine ersten musikalischen Erfahrungen sammelte Ludwig Hirsch gemeinsam mit Peter Schleicher und Helmut Novak. Sie gründeten 1967 die Beatband The Clan, die vorwiegende Rolling Stones Songs interpretierten, sich aber 1974 wieder auflöste. In der Zwischenzeit war Hirsch schon als Schauspieler erfolgreich. Er debütierte 1973 am Stadttheater Regensburg, war Schüler von Fritz Muliar an der Schauspielschule Krauss und Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt von 1975 bis 1979.

Seine am Theater geschulte Stimme setzt Hirsch mit viel Präzession gekonnt in seinen Chansons ein. Als Liedermacher gelangt Ludwig Hirsch mit seinem Debütalbum „Dunkelgraue Lieder“ 1978 der Durchbruch, und nur ein Jahr später, 1979 wurde eines seiner berühmtesten Meisterwerke „Komm großer schwarzer Vogel“ auf dem gleichnamigen Album veröffentlicht. Komm großer schwarzer Vogel wurde auf Ö3 damals erst nach 22 Uhr gespielt, aus Angst, die Botschaft des Liedes könnte Hörer/innen zum Suizid ermutigen. Eine erwähnenswerte Skurrilität der österreichischen Popmusikgeschichte.

"Ich möchte die Menschen zum Träumen, Staunen, Lächeln verführen. Und ab und zu auch ein bisschen Gänsehaut erzeugen."

Ludwig Hirsch erzählt in seinen Chansons düstere, makabre Geschichten, die die bittere und unbarmherzige Wahrheit des Lebens aufzeigen. Er spielt dabei bewusst und raffiniert mit Antagonismen, vermeintlich Schönes prallt auf Schreckliches und liebliche Melodien treffen auf zutiefst sarkastische, bissige Texte. Kritisch, dunkel und morbid, quasi „urwienerisch“, sind die Chansons von Ludwig Hirsch stets, aber immer mit einer gewissen Prise Humor und Augenzwinkern.

Für seine brillant erzählten Geschichten schlüpfte Ludwig Hirsch in ein von ihm erfundenes Alter Ego und beschreibt mit seiner sanften, sonoren Stimme und seinem morbiden Charme, detailreich Szene aus dem Leben. Das Tabuthema Tod und der Versuch dieses zu enttabuisieren, spielt in vielen Chansons eine zentrale Rolle, wenn er zum Beispiel von Würmern singt, die dir ins Hirn krallen und dinieren (I lieg am Ruckn), die Omama beim Sturmbootfahren an ihren falschen Zähnen erstickt und das Mutterkreuz besser nicht zum Herrgott mitnimmt (Die Omama) oder der große Schwarze Vogel zu Hilfe kommt und den kalten, feuchten Schnabel, auf die Wunden und die heiße Stirn presst (Komm großer schwarzer Vogel). Selbst ein vermeintliches Liebeslied Gel‘ du mogst mi klingt mehr nach Sarkasmus denn Romantik. Musik die ohne Umschweife direkt unter die Haut geht.

Ludwig Hirsch ist zweifacher Amadeus Austrian Music Award Preisträger, 2003 erhielt er ihn in der Kategorie Künstler Pop/Rock national für sein Album „Perlen“ und 2012 wurde er ihm posthum für sein Lebenswerk verliehen. Im Alter von 65 Jahren, am 24. November 2011, entschied sich Ludwig Hirsch für den Freitod.

Gestaltung: Lukas Handle