Ausschnitt des Buchumschlags, "Mein Mann" von Rumena Bužarovska

SUHRKAMP VERLAG

Erzählband aus Nordmazedonien

"Mein Mann" von Rumena Bužarovska

Die nordmazedonische Schriftstellerin Rumena Bužarovska hat mit ihrem Erzählband "Mein Mann" das Kunststück zuwege gebracht, in fast allen exjugoslawischen Staaten zur Bestsellerautorin zu werden. Ihr großes Thema ist dabei die Geschlechterungerechtigkeit in Politik und Gesellschaft - dagegen schreibt sie an - mit spitzer Feder und bitterbösem Humor.

Elf Ich-Erzählerinnen treten in dem Kurzgeschichtenband "Mein Mann" an, um aus ihrem Beziehungsalltag zu berichten. Von der jungen Mutter bis zur in die besten Jahre gekommenen Botschaftergattin wechseln dabei Alter und gesellschaftlicher Rang der Frauen, ein Umstand bleibt jedoch gleich.

Rumena Bužarovska: "Die Identität einer Frau hängt weniger von ihrer beruflichen Tätigkeit und mehr von ihren Familienverhältnissen und von der Stellung ihres Mannes ab. Ich habe das ironisch überdreht und deshalb sprechen meine weiblichen Ich-Erzählerinnen, wenn sie über sich reden, häufig von ihren Ehemännern."

Frauenrechte versus neue Religiosität

Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit unterrichtet sie amerikanische Literatur an der Universität von Skopje. Daneben gilt sie dort, in der nordmazedonischen Hauptstadt auch als eine der zentralen Stimmen der #MeToo- und Frauenrechtbewegung.

"Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens kam es in Nordmazedonien zu einer Wiederbelebung der Religionen und, verbunden damit, zu einer Aufwertung ihrer patriarchalen Strukturen", sagt Rumena Bužarovska. "Im Sozialismus waren die Menschen nicht religiös, nun aber entdeckten die Mazedonier ihre christlich-orthodoxen und die größte Minderheit der Albaner ihre muslimischen Wurzeln. Es gab beinahe einen Wettkampf, wer religiöser wäre, und dieser Konflikt wurde natürlich auf dem Rücken und zum Nachteil der Frauen ausgetragen."

Neue Regierung, alte Probleme

Im Original erschien Rumena Bužarovskas Erzählband "Mein Mann" 2014. Damals war noch eine nationalkonservative Regierung an der Macht, mittlerweile regieren die Sozialdemokraten unter Premier Zoran Zaev.

Rumena Bužarovska: "Zoran Zaev hat die LGBT-Gemeinschaft unterstützt und an den Märschen für mehr Frauenrechte teilgenommen. Beim Weltfrauentag letzte Woche mussten wir allerdings wieder einmal darauf aufmerksam machen, dass die Institutionen zu wenig unternehmen, wenn es um Gewalt gegen Frauen geht. Es gab zwar symbolische Unterstützung und das Abtreibungsgesetz der konservativen Regierung wurde gekippt, auf essentielle Veränderungen warten wir aber noch."

"Mein Mann" von Rumena Bužarovska

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Experimentierfeld Sprache

Nordmazedonien ist eine junge Nation, die Sprache wurde erst 1945 kodifiziert. Eine lange Schrifttradition gibt es deshalb nicht, was aber auch befreiend sein kann, so Rumena Bužarovska, weil die Sprache damit zum Experimentierfeld wird und man neue Wörter und Ausdrucksweisen ausprobieren kann.

Sex und Magenverstimmung

Knapp und unsentimental berichten ihre Ich-Erzählerinnen von kleinen Erfolgen und großen Krisen, oder in einer der witzigsten literarischen Sexszenen der vergangenen Jahre von einem verhinderten One-Night-Stand. Rumena Bužarovska: "Meine Sexszenen sind grotesk, meistens muss sich darin jemand übergeben. Sie sollen auch gar nicht erotisch sein, denn ich hasse jeden Überschwang der Gefühle und lasse ihn gerne unter einer Salve Humor zerbröseln."

Rumena Bužarovska schießt in ihrem Erzählband "Mein Mann" scharf und darunter krümmen sich nicht nur die schwer getroffenen patriarchalen Denkmuster, sondern auch der Leser. Vor Lachen oder weil ihm das Lachen im Hals steckenbleibt.

Service

Rumena Bužarovska, "Mein Mann", Erzählband, aus dem Mazedonischen von Benjamin Langer, Suhrkamp

Gestaltung

  • Wolfgang Popp

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