Junger Mann mit dunklen Haaren und Dreitagesbart

APA/JEUNESSE/MARIJA KANIZAJ

Mit Notbudget in die Saison

Jeunesse-Leiter Comploi

Seit Anfang März leitet der junge Cellist Philipp Comploi Österreichs größten Musikveranstalter Jeunesse. Dieser war vergangenes Jahr aufgrund der Coronakrise in große wirtschaftliche Bedrängnis geraten. Nun ist zumindest die Saison 21/22 gesichert.

Mit Schrecken erinnert sich die musikinteressierte Öffentlichkeit an eine Ankündigung der damaligen Jeunesse-Leiterin Madeleine Landlinger im letzten Frühsommer: Um nicht direkt in die Insolvenz zu schlittern, müsse sich die Jeunesse auf komplett neue Beine stellen. Keine Konzerte in den Bundesländern, keine Kinderkonzerte mehr, lautete die Festlegung. Es folgte ein öffentlicher Aufschrei der musikalischen Prominenz, und dank des NPO-Hilfsfonds der Bundesregierung für gemeinnützige Vereine konnte zumindest dieser Kahlschlag verhindert werden. Im Jeunesse-Vorstand saß - schon seit 2011 - auch der Cellist Philipp Comploi.

"Ich glaube nicht, dass alle in die Entscheidung involviert waren, und wie in jedem größeren Betrieb gibt es sicher unterschiedliche Meinungen", kommentiert Comploi die Turbulenzen des Vorjahres. "Ich bin der Meinung, wir sollten genau das Gegenteil machen. Wir wollen uns auf das Alleinstellungsmerkmal der Jeunesse konzentrieren, kultureller Nahversorger auch in weniger erschlossenen Gebieten zu sein, und auch massiv für die Kinder da zu sein."

Weniger Konzerte, neue Zyklen

So wolle die Jeunesse etwa ein Konzertformat für Null- bis Einjährige entwickeln, sagt Comploi. Doch ob und wann es dafür die Mittel gibt, ist auch für ihn noch offen. Planungssicherheit über die kommende Saison hinaus hat die Jeunesse keine. Mit einem etwa um die Hälfte gekürzten Notbudget konnte sie zumindest die kommende - ihre insgesamt 72. Saison planen - das Programm wird Ende Mai präsentiert. Mit dem gewohnten Umfang von rund 600 Konzerten werde man nicht aufwarten können, sagt Philipp Comploi, aber: "Wir haben ein paar ganz spannende neue Zyklen aufgelegt, auch für Jugendliche." So soll es in der kommenden Saison etwa neue Zyklen im Bereich Singer/Songwriter oder Urban Jazz geben.

Unter den Konzertabsagen der letzten Monate hat nicht nur das junge Publikum, sondern auch der musikalische Nachwuchs gelitten. Mit Online-Konzerten, die jungen Musikerinnen und Musikern zumindest virtuelle Präsenz ermöglicht hätte, konnte sich die Jeunesse bisher nicht anfreunden. Mit dem Tiroler Landesjugendorchester oder den Kolophonistinnen, dem aktuellen "Featured Ensemble", sind zwar nun Livestream-Konzerte geplant, aber "auch mich als Cellisten haben die paar Livestream-Events, die wir in den letzten Monaten gehabt haben, nicht wirklich befriedigt", sagt Comploi. Und so setzt man eher darauf, ab Mai oder Juni möglichst viel entfallene Konzerte nachzutragen.

Mit dem 1986 in Salzburg geborenen Philipp Comploi hat die Jeunesse erstmals einen Künstler an ihrer Spitze. Als Cellist arbeitet er vor allem mit renommierten Ensembles im Bereich der historischen Aufführungspraxis zusammen. Der Jeunesse war er schon in Studienzeiten verbunden - etwa als Organisator von Kindercamps. Dass er Österreichs größtes Musiknetzwerk nun nebenberuflich leitet, wäre bei vollem Konzertbetrieb wohl nicht möglich. Und so sieht sich Comploi letztlich als Übergangslösung, bis sich die Jeunesse wieder eine Vollzeit-Geschäftsführung leisten kann.

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