Luciano Berio

AP/LUCA BRUNO

Neue Musik im Härtetest

Luciano Berio - "Sequenza VIII"

Luciano Berios 14-teilige "Sequenza"-Reihe gilt als einer der wichtigsten Zyklen des 20. Jahrhunderts. Jedes Werk ist einem Soloinstrument bzw. dem Sologesang zugeordnet. Die Stücke entstehen sukzessive von 1958 bis 2002. "Sequenza VIII" wird 1976 komponiert. Berio geht es dabei um die Entdeckung neuer Klangräume und -farben, um die Erweiterung der musikalischen Mittel - im umfassendsten Sinn.

Der Titel "Sequenzen" unterstreicht die Tatsache, dass die Anlage der Stücke fast immer von einer Folge harmonischer Felder ihren Ausgang nimmt, aus denen mit einem Höchstmaß an Charakteristik auch die anderen musikalischen Funktionen hervorgehen. Luciano Berio

"Sequenza VIII" spielt mit der Geschichte der Geige, das Stück steckt voller neobarocker Figurationen, durchzogen von romantisch-melodischen Gesten. Die Violine umkreist darin den Ton A, tritt in Dialog sowie in Konflikt mit dem Nachbarton H und bewegt sich durch alle Seinszustände. Schlussendlich verliert die Dissonanz ihren Schrecken. A und H verwandeln sich vom Problem zur Lösung. Mit einem Doppelgriff werden beide Töne am Ende ausgehalten.

Die Klien-Brüder über "Sequenza VIII"

Andreas Maurer

Luciano Berio wird 1925 in Norditalien geboren. Vater und Großvater sind als Organisten und Komponisten tätig. Nachdem sich der 19-Jährige in den letzten Kriegstagen eine Handverletzung zuzieht, ist jedoch an die geplante Pianisten-Karriere nicht mehr zu denken. Er wendet sich intensiv dem Kompositionsstudium zu.

Wichtige Impulse erhält er bei den Internationalen Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt und von drei Literaten - Eduardo Sanguinetti, Italo Calvino und Umberto Eco. Auch im Bereich der elektronischen Musik ist er wegweisend: Von 1974 bis 1980 wirkt er als Direktor der Abteilung für Elektroakustik am IRCAM in Paris. 1987 gründete er Tempo Reale in Florenz, das eine ähnliche Ausrichtung hat wie das IRCAM.

Genregrenzen fehlen in Berios Werk nahezu vollkommen. 1964 schreibt er für seine Frau Cathy Berberian auf der Basis volksmusikalischer Melodien "Folksongs" - ein vielgespieltes Werk, das ihn über die Zirkel der zeitgenössischen Musik hinaus bekannt macht. Berio stirbt 2003 in Rom.

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