Jedermann, 1929: Alexander Moissi & Luis Rainer

JMW/ASF/PHOTO ELLINGER

Ausstellung

Jüdisches Museum Wien beleuchtet Salzburger Festspiele

"Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele" in der Wiener Dorotheergasse holt die jüdischen Protagonistinnen und Protagonisten vor den Vorhang, von denen Festspielgründer Max Reinhardt nur der berühmteste war.

Alexander Moissi als reicher Mann im "Jedermann" begrüßt die Besucherinnen und Besucher am Eingang der Ausstellung. Der Filmausschnitt aus dem Gründungsjahr der Salzburger Festspiele leitet auch gleich zu jenem Mann hin, ohne den es die Festspiele in dieser Form nie gegeben hätte: Der Regisseur und Theaterunternehmer Max Reinhardt, der Salzburg zur Kulisse seiner Theatervisionen und den Dom zu jener des "Jedermann" gemacht hat.

„Theater aus den Theatersälen herauszuholen und in den öffentlichen Raum zu transportieren, war völlig neu“, erklärt Sabine Fellner, Kuratorin der Ausstellung "Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele". Zusammen mit Marcus J. Patka hat sie bereits das Max-Reinhardt-Kapitel in der Jubiläumsausstellung im Salzburg Museum verantwortet - nun gestaltet das Kuratorenduo einen Ausstellungsparcours im Jüdischen Museum in der Wiener Dorotheergasse.

Tanz-Avantgarde der 1920er

Wer ihn durchschreitet, bemerkt bald: Die Salzburger Festspiele waren nicht nur ein katholisch-barockes Spektakel, sondern von Beginn an auch ein Spielort für die Avantgarde. Ein weiterer Film zeigt etwa Ausschnitte aus dem „Tanz der Hände“ der Schauspielerin und Choreographin Tilly Losch – ein „Gustostückerl“ der Schau, schwärmt Fellner. „In den 1920er-Jahren wurde ein wahrer Kult um die Hände gefeiert. Dieses avantgardistische Tanzstück ist ein Ausdruck davon.“

Max Reinhardt lud Künstler wie Edvard Munch, Max Slevogt oder Lovis Corinth ein, seine Inszenierungen auszustatten - sein Lieblingsbühnenbildner wurde schließlich der Wiener Architekt Oskar Strnad. In der Ausstellung zu sehen ist etwa ein Bühnenmodell der Neuinszenierung von William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" aus dem Jahr 1927.

„In Salzburg hat Oskar Strnad vor allem Bühnen gestaltet, aber die großen Bauten wie das Festspielhaus gingen dann an seinen Konkurrenten Clemens Holzmeister“, erklärt Kurator Marcus J. Patka. „Ob es damit zusammenhängt, ob Strnad Jude war oder nicht, können wir nur mutmaßen.“

Antisemitische Störfeuer und internationales Publikum

Der Aufstieg der Salzburger Festspiele bis 1938 war stets auch durch antisemitische Kritik an Max Reinhardt und seinem Umfeld begleitet. Vor allem die völkische Presse warf ihm anlässlich der Jedermann-Inszenierung am Domplatz samt Glockengeläut eine Entweihung des sakralen Raums vor. Während des Austrofaschismus holte man Stars wie Arturo Toscanini nach Salzburg, der Richard Wagner dirigierte - man wollte sozusagen das "bessere" deutsche Theater machen.

„Mit Toscanini kamen auch viele große Opernstars. Es kam auch ein neues Publikum aus England, Frankreich und den USA – teilweise auch, um das kleine Österreich zu unterstützen. Auch da waren viele jüdische Besucherinnen und Besucher dabei“, so Patka. „Das alles hat natürlich 1938 ein Ende gefunden.“

Einige noch nie gezeigte Objekte aus dem Nachlass Max Reinhardts, Kostüme, Bühnenentwürfe und Theaterplakate lassen sich entdecken; ebenso zahlreiche Gemälde, Fotografien, Filmausschnitte und Handschriften - eine künstlerisch wie zeithistorisch spannende Schau im Jüdischen Museum Wien, dessen Leitung bis vor kurzem neu ausgeschrieben war. 20 Personen haben sich laut Medienberichten beworben, auch die derzeitige Direktorin Danielle Spera kandidiert für ihre nunmehr vierte Amtszeit.

Gestaltung