Bau eines Kalkbrennofen, Burgbau in Friesach

BURG FRIESACH EINRICHTUNGSGESMBH/JÜRGEN MÜLLER

Dimensionen

Bauen ohne Maschinen

Nur circa zehn Fußminuten vom Bahnhof Friesach in Kärnten entfernt befindet sich die vermutlich langsamste Baustelle Österreichs. Umgeben von einer Stadtbefestigung und vielen anderen mittelalterlichen Bauwerken, sieht man der Stadt Friesach ihr Alter durchaus an. Und in dieser Kulisse bauen Steinmetze und Schmiedinnen eine Burg. Und das im Jahr 2021.

Seit 2009 bauen Arbeiter/innen in Friesach, der ältesten Stadt Kärntens, eine mittelalterliche Burg. Dabei verwenden sie nur Materialien und Arbeitstechniken, die auch den Menschen im Mittelalter zur Verfügung standen. Auf dieser Baustelle scheinen die Uhren anders zu ticken. Hier umzingeln nicht Kräne und schwere Maschinen die Baustelle, sondern Holzhütten, Pferde und Ziegen. Das bedeutet auch, dass die Baustelle anders klingt. Nicht Motorengeräusche, sondern ständiges Klopfen, Hämmern, Ratschen und Tiergeräusche bestimmen hier die akustische Umgebung.

Zwar bringen Lkws die Steine zur Baustelle, aber danach verzichtet man auf Hilfsmittel der heutigen Zeit. Rein mit menschlicher Muskelkraft werden die Steine bearbeitet und dann durch Noriker-Pferde den Hügel hinaufgetragen, wo sie für den Burgbau benötigt werden. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein einfaches Aufeinanderschichten einzelner Steine. Abhängig von Zeit und Ort unterscheiden sich mittelalterliche Mauerstrukturen. So nimmt beispielsweise die Mauerstärke tendenziell bis zum Ende des Mittelalters zu. Das liegt an der Entwicklung der Schusswaffen zu dieser Zeit. Solche Aspekte müssen beim (Nach-)Bau beachtet werden.

Wie wurden damals Burgen gebaut?

Um die Burg bauen zu können, braucht es Infrastruktur: eine Zimmerei, eine Schmiede und ein hölzernes Aquädukt etwa. Die Bauarbeiten finden von Frühjahr bis Herbst statt. Gegen Ende Oktober wird das Bauwerk winterfest gemacht. Zu dieser Zeit gilt es, sich wieder auf die neue Bausaison im Frühjahr vorzubereiten. Kaputt gewordene Rechen werden in der Zimmerei repariert und neue Schaufeln in der Schmiede hergestellt.

Was hier geschieht, fällt unter den Begriff „Experimentelle Archäologie“. Wenn herkömmliche Methoden der Archäologie nicht mehr greifen, versucht man, Handwerkstechniken und Arbeitsvorgänge zu rekonstruieren und daraus zu lernen. Hier steht besonders die Frage nach dem Wie im Fokus. Wie wurden damals Burgen gebaut?

Im Zentrum steht der Bauprozess

Es gibt kaum Aufzeichnungen über die damaligen Bauweisen. Das Wissen über die Techniken wurde üblicherweise mündlich weitergegeben. Anhand der bestehenden Bauwerke lassen sich einige Techniken herauslesen. Und so versucht man, die Arbeitsweisen und Methoden nachzuvollziehen. Die einzige Ausnahme ist der Aspekt der Sicherheit. Die Arbeiter/innen tragen Schutzbrillen, und auch das Gerüst rund um die Burg ist deutlich stabiler gebaut, als es damals der Fall gewesen wäre.

Finanziert wird das Projekt durch die Europäische Union, das Land Kärnten und das Arbeitsmarktservice. Neben dem wissenschaftlichen Zweck hat der Burgbau in Friesach auch eine soziale Komponente: Zusätzlich zu den Handwerksmeister/innen arbeiten auch ehemalige Langzeitarbeitslose auf der Baustelle. Ziel ist es, diese Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern.

Hier kann man der Schnelllebigkeit unserer Zeit entfliehen. Stein für Stein entsteht hier über drei oder vier Jahrzehnte eine Burg. Im Zentrum steht nicht das Bauwerk selbst, sondern vor allem der Bauprozess. So entsteht in Friesach im 21. Jahrhundert ein völlig aus der Zeit gefallenes Bauwerk.

Gestaltung: Daniel Schmid