Mann und Frau umarmen sich an einem See, Rollstuhl

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Film

"Wanda, mein Wunder"

Es sind fast ausschließlich Frauen, meist aus Osteuropa, die ihre eigenen Familien zurücklassen, um die Angehörigen fremder Leute zu pflegen und das verdiente Geld zurück in ihre Heimat zu schicken. Eine solche Frau steht in der Schweizer Kinoproduktion "Wanda, mein Wunder" im Zentrum. Der Film hat bereits 2020 das Zürcher Film Festival eröffnet und läuft nun in den österreichischen Kinos an.

Als "helfender Engel" wird die titelgebende Wanda von jenem Zürcher Hausherren bezeichnet, der nach einem Schlaganfall zu einem Pflegefall geworden ist. Die Schweizer Regisseurin Bettina Oberli bezieht sich in ihrem Drama auf ein Zitat von Max Frisch: "Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen". Sie habe interessiert, "mit welcher Selbstverständlichkeit manchen Leute Arbeitskräfte holen und das Gefühlen haben, dass sie mit Geld alles kaufen können."

"Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen", Max Frisch

"Wanda, mein Wunder" beleuchtet eine reiche Familie, deren gutbürgerliche Ordnung durch die Präsenz einer Außenstehenden zerstört wird. An Pasolinis Drama "Teorema" erinnernd, versucht auch in "Wanda, mein Wunder" jedes Familienmitglied Einsamkeit und Sorge allein zu verarbeiten.

André Jung (Josef) und Agnieszka Grochowska (Wanda)

André Jung (Josef) und Agnieszka Grochowska (Wanda)

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Sehr feinfühlig und abseits plakativer Klischees erzählt Oberli von unterschiedlichen Beziehungsdynamiken unserer Zeit. In großem Kontrast zur Pflegerin Wanda steht Sophie, die kinderlose Tochter des müden, von André Jung verkörperten Patriarchen. Sophies Ankunft kündigt sich durch den Klang ihres Fünfer-BMWs an, aber noch viel mehr durch die markante Stimme von Birgit Minichmayr: "Ich fand das eine sehr ungewöhnliche Rolle für mich - eine verbissene, erfolgreiche Frau, die denkt, sie kann sich mit Geld alles kaufen. Ihr fehlt die Beziehung zum Vater, den Wanda ganz anders aufbaut."

Marthe Keller (Elsa) und Birgit Minichmayr (Sophie)

Marthe Keller (Elsa) und Birgit Minichmayr (Sophie)

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Der gute Ruf

Geprägt von der Eifersucht auf Wanda und ihrem unerfüllten Kinderwunsch, ist Sophie jegliche Empathie verloren gegangen. Gefühle werden erst wieder wachgerufen, als just ihr Feindbild Wanda schwanger wird - nämlich von Sophies Vater, der seiner Pflegerin für gelegentlichen Geschlechtsverkehr zusätzliches Geld angeboten hat.

Im ersten Aufruhr wird das Kind als Bedrohung für das große Zürcher Familienerbe angesehen. Dann aber will es Sophie gemeinsam mit ihrem Mann adoptieren: "Und sie denken auch noch, es ist eine gute Tat, weil sie damit den guten Ruf der Familie aufrechterhalten", sagt Minichmayr.

Familie mit Kuh, Hund und Baby

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"Wanda, mein Wunder" schildert die Lebensrealität von Pflegekräften und stellt gesellschaftliche Mechanismen in den Fokus, ohne dabei eine klare Täter-Opfer-Darstellung zu inszenieren. Ein Film, der einmal mehr vor Augen führt, dass Geld allein nicht glücklich macht.

Gestaltung

  • Julia Baschiera