Herzballon, leerer Luftballon in Herzform hängt an einem Ast herunter

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Tao

Die Religionen und die Liebe

Wie vereinbaren und leben Menschen Glaube und Liebe - und welche Rolle spielt die Religion dabei? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, denn die religiös begründeten Formen des Zusammenlebens zweier oder mehrerer Liebender sind vielfältig und unterscheiden sich von Tradition zu Tradition mitunter markant.

Oftmals werden sie aber in den jeweiligen Religionen rigoros eingefordert und kontrolliert, in den vielen patriarchal geprägten Religionen nicht selten auf Kosten der Frauen. Gebote und Verbote sollen vor allem Lust und Leidenschaft zähmen - einerseits. Andererseits wird Liebe in vielen religiösen Traditionen auch als göttliches Geschenk verstanden, das mitunter die Spiritualität beflügeln kann.

„Religionen regeln nicht nur das eheliche Zusammenleben, sondern auch die als legitim verstandenen Formen von Sexualität. Und eben in Bezug auf die Sexualität unterscheiden sich religiöse Strömungen und ihre Auslegungen häufig“, sagt die Religionswissenschafterin Katharina Limacher von der Universität Wien.

Hindu-Hochzeitspärchen

AP/FAREED KHAN

Hinduismus

Für das Zusammenleben von Liebenden gibt es etwa in den Hindu-Traditionen einen sehr konkreten, religiös begründeten Rahmen. Lange Zeit waren arrangierte Ehen die dominante Form der Eheschließung und Sexualität vor der Ehe ein Tabu. Gleichzeitig gehört im hinduistischen Kontext ein erfüllendes Sexualleben durchaus dazu: Das Konzept des Kama, also das Streben nach Vergnügen oder Lust, steht als eines von vier Lebenszielen neben einem rechtschaffenen Leben, dem Erwerb und der Weitergabe von materiellem Wohlstand im Rahmen von Familie und Gesellschaft und der Erlösung. Während es einerseits eine reichhaltige und lang zurückreichende Tradition erotischer Texte gibt, darunter das bekannte Kamasutra, die über die Kunst des Lebens und Liebens Auskunft geben, ist die indische Gesellschaft andererseits nach wie vor stark geprägt von sozialen Normen der Zugehörigkeit wie Kaste und Klasse, die noch immer die Partner- und Partnerinnenwahl beeinflussen.

Judentum

Im Judentum gibt es nichts, was es nicht gibt: Am liberalen Ende des Spektrums finden sich jene jüdischen Gemeinden, die einen sehr offenen Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt leben, am ultraorthodoxen Ende jene, die sexuelle Diversität ablehnen und die Einhaltung klarer Geschlechterrollen von Frauen und Männern fordern. „Auch wenn beispielsweise Sex zwischen Frauen in der Torah nicht explizit verboten ist, würde dies in einer orthodoxen rabbinischen Interpretation dennoch als Verstoß gegen jüdisches Recht aufgefasst werden, während es in einer sehr liberalen Interpretation unproblematisch wäre", sagt die Religionswissenschafterin Katharina Limacher. Und manche strenggläubige Jüdinnen und Juden schwören auf den Dienst einer Heiratsvermittlerin beziehungsweise eines Heiratsvermittlers, auf den sogenannten Schadchen, der Ehen zwischen Jüdinnen und Juden stiftet. In Wien ist das aber, anders als in einigen anderen jüdischen Gemeinden, nicht die gängigste Variante.

Islam

Religiöse Musliminnen und Muslime greifen mittlerweile immer öfter auf spezielle Online-Dating-Plattformen zurück: Eine dieser Plattformen ist „Muzmatch“, mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern weltweit. Nutzerinnen und Nutzer dieser App müssen Fragen zu ihrer Religiosität beantworten - wie oft sie beten, ob sie Alkohol trinken und wie schnell sie heiraten wollen.

Vorehelicher Sex ist in vielen Traditionen ein absolutes Tabu, in anderen wiederum dann doch ganz schön beflügelnd. Der Status in der Beziehung zwischen Glaube und Liebe bleibt also: Es ist kompliziert.

Gestaltung: Lena Göbl